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Die Sonnenblume vor den Kühltürmen von Isar 1 und 2 bei Essenbach wird noch länger Nuklearnachbarn haben

Foto: dpa/Armin Weigel

Berlin - Gegen den entschiedenen Protest von Opposition und Atomkraftgegnern hat der Deutsche Bundestag das Energiekonzept der Regierung verabschiedet. Mit den Stimmen von Union (CDU/CSU) und FDP beschloss das Parlament am Donnerstag das Gesetz zur Verlängerung der AKW-Laufzeiten um durchschnittlich zwölf Jahre. Die Opposition forderte vergeblich eine Vertagung der Entscheidung, vor dem Reichstag bildeten 2.000 Demonstranten eine Menschenkette.

Zwei Enthaltungen

Mit dem vom Bundestag beschlossenen Gesetz sollen die Laufzeiten der 17 deutschen Atomkraftwerke um acht bis 14 Jahre verlängert werden. Dafür stimmten 308 Abgeordnete, dagegen 289; es gab zwei Enthaltungen. Zur Abschöpfung der entstehenden Zusatzgewinne soll eine Steuer auf Kernbrennstoffe eingeführt werden, worüber im Anschluss abgestimmt werden sollte.

Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) verteidigte in der Debatte das Energiekonzept der Koalition. Erstmals überhaupt lege eine Regierung ein Konzept für die elementare Frage einer umwelt- und klimaschonenden Energieversorgung vor. SPD, Grüne und Linkspartei schürten mit "argumentationslosem Kampfgeschrei" Ängste, hätten selbst aber keine Konzepte für die Energieversorgung der Zukunft zu bieten, kritisierte Röttgen.

Das Konzept der Koalition biete "erstmals seit langem einen belastbaren Fahrplan für die Energieversorgung von morgen", sagte auch Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP). Es gehe "um den Weg ins Zeitalter der erneuerbaren Energien" und "aktiven Klimaschutz". Das hätten die Vorgängerregierungen nicht geschafft.

Gabriel: "Rolle rückwärts in die Vergangenheit"

Demgegenüber sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel, das Energiekonzept der Koalition sei eine "Rolle rückwärts in die Vergangenheit". Die Regelung behindere Investitionen in die erneuerbaren Energien und begünstige die vier großen Energiekonzerne. "Sie haben ein paar Lastwagen mit Geld in Bewegung gesetzt." Die Opposition werde das Gesetz beim Bundesverfassungsgericht zu Fall bringen, kündigte Gabriel an.

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin warf der Koalition vor, im Zuge des Energiekonzeptes die Sicherheitsstandards aufzuweichen. Das Agieren der Koalition sei ein "Abgrund von Lobby- und Klientelpolitik", der unerträglich sei. Linken-Fraktionschef Gregor Gysi kritisierte, die Koalition nehme mit dem Energiekonzept bewusst eine Spaltung der Gesellschaft in Kauf.

Opposition will vor Bundesverfassungsgericht ziehen

Die Opposition bekräftigte ihre Absicht, gegen die Laufzeitverlängerung vor dem Bundesverfassungsgericht zu klagen. SPD, Grüne und Linke monieren insbesondere, dass die Regierung das Energiekonzept auch ohne eine Zustimmung des Bundesrates umsetzen will.

Vor Beginn der Debatte war die Opposition mit einem Geschäftsordnungsantrag gescheitert, die Abstimmung zu vertagen. Bei der Sitzung des Umweltausschusses am Dienstagabend seien Anträge der Opposition nicht zugelassen und die Beratungszeit in unangemessener Weise beschränkt worden, lautete die Kritik. Union und FDP setzten mit ihrer Mehrheit aber die Abstimmung am Donnerstag durch.

Vor dem Reichstag bildeten 2.000 Demonstranten eine etwa einen Kilometer lange Menschenkette, wie der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) mitteilte. Zahlreiche weitere Organisationen und die Oppositionsparteien unterstützten die Aktion. Aktivisten der Umweltschutzorganisation Greenpeace kletterten am Morgen auf die CDU-Zentrale und hängten an der Außenfassade ein Fotobanner auf, das Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und RWE-Chef Jürgen Großmann mit Schnapsgläsern beim Anstoßen zeigte. (APA/AFP)