Graz - Die Huchen-Population in der Mur könnte den Bau des geplanten Wasserkraftwerkes Graz-Puntigam nun doch zu Fall bringen: In einer Studie im Auftrag der steirischen Umweltanwaltschaft hat der Zoologe Steven Weiss von der Universität Graz den Bestand in der Mur untersucht und dabei den autochthonen Status des lachsartigen, weltweit stark gefährdeten Fisches festgestellt. Eine autochthone Art ist in ihrem aktuellen Verbreitungsgebiet (in diesem Fall der Mur) entstanden.

Der Bestand

Der Grazer Biodiversitätsforscher Steven Weiss hat 71 Huchen zwischen der A2-Brücke im Süden und dem Kraftwerk Peggau im Norden der Stadt Graz identifiziert und genetisch untersucht. "Wahrscheinlich leben in diesem Bereich noch einige, sogar zwei- bis dreimal mehr", so Weiss im Gespräch.

Laut Zoologe hat sich gezeigt, dass der Bestand "zum großen Teil heimisch" ist. U.a. wurden genetische Proben von sogenannten "Besatzhuchen", die zur Aufzucht in die Mur freigelassen worden waren, mit dem Material aus der Mur verglichen: Innerhalb der 71 Huchen konnten nur vier Individuen als Besatzfische, die zur Zucht in der Mur ausgesetzt wurden, identifiziert werden. "Im Großen und Ganzen besteht jedoch eine hohe genetische Variabilität und es gibt keine Anzeichen für eine signifikante Abweichung von zufälliger Paarung", so Weiss. Aus seiner Sicht scheint "die natürliche Reproduktion der Hauptgrund für die Aufrechterhaltung des Bestandes zu sein".

Schlussfolgerung

Aus Sicht der steirischen Umweltanwältin Ute Pöllinger ist der damit vorliegende Nachweis der Autochthonie ein zentraler Beleg für die Schutzwürdigkeit des Huchenbestandes in der Mur. Mit dem Umstand, dass die Mur "ein natürliches Habitat des Huchen" sei, werde der Fluss ein ökologisch besonders schützenswertes Gewässer mit einem "prioritären Sanierungsbedarf". Pöllinger: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Projekt noch genehmigungsfähig ist".

"Der Fluss ist einer der letzten großen Lebensräume des Huchen", so Weiss, der auch als Huchen-Beauftragter der Weltnaturschutzorganisation IUCN tätig ist. Laut dem Forscher werde die Population mit dem Kraftwerk "mit ziemlicher Sicherheit aussterben". Der Fisch benötige fließendes Wasser für sein Überleben; werde die Mur aufgestaut, können sich die Tiere nicht mehr fortpflanzen.

Laufendes Verfahren

Die Energie Steiermark hat die Planungen für das Wasserkraftwerk Graz-Puntigam bereits im Oktober 2010 ausgesetzt, nachdem der Grazer Bürgermeister eine Volksbefragung zur Staustufe angekündigt hatte. Die Behördenverfahren - derzeit läuft die Prüfung der Umweltverträglichkeitserklärung - gehen allerdings weiter. Vonseiten des Energieversorgers sieht man die Studie gelassen: "Jeder hat das Recht, seine Argumente vorzubringen. Auch wir haben zu jedem Fisch und jeder Pflanze unsere Gutachten eingeholt. Das Verfahren läuft und wir warten auf das Ergebnis", so Konzernsprecher Urs Harnik-Lauris.

Das Kraftwerk ist eine Anlage einer Kette von fünf Laufkraftwerken im Raum Graz, wovon zwei in Planung (Gratkorn und Stübing) und zwei weitere (Gössendorf und Kalsdorf) bereits im Bau sind. Bei allen fünf Projekten ist der Verbund Partner. Gemeinsam will man rund 350 Mio. Euro in die Kraftwerkskette investieren. (APA/red)