Mit Lebenszykluskosten-Tools soll sich in Zukunft die Nachhaltigkeit von Gebäuden berechnen lassen.

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Das Thema Nachhaltigkeit setzt sich in der Bauwirtschaft allmählich durch. Dennoch steht sie vielfach nicht im Vordergrund, wenn es um die Realisierung eines Bauprojektes geht. Vielmehr sind es die Investitionskosten, die beispielsweise darüber entscheiden, welche Baustoffe oder Dämmmaterialien verwendet werden.

"Das liegt daran, dass es kein einschlägiges Lebenszykluskosten-Bewertungssystem für Gebäude gibt", sagt Helmut Floegl vom Fachbereich Facility-Management und Sicherheit der Donau-Universität Krems. Ein solches Bewertungssystem könnte wesentlich dazu beitragen, die Errichtungs- und Folgekosten abzuschätzen, um nicht zuletzt die ökonomische Nachhaltigkeit eines Bauvorhabens zu gewährleisten. Wie ein solches Werkzeug konkret aussehen könnte, darüber diskutierten Experten im Rahmen eines Workshops aus der Reihe "Haus der Zukunft in der Praxis" (siehe Wissen), der vergangene Woche von der Förderbank Austria Wirtschaftsservice veranstaltet wurde.

Floegl präsentierte ein "praxisbezogenes Lebenszykluskosten-Prognosemodell", das aus der Forschungsinitiative "Nachhaltig massiv", gefördert vom Klima- und Energiefonds, entstanden ist. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie viel in ein Haus, das immerhin rund 30 Jahre benutzt wird, zu investieren ist, etwa in Bezug auf eine allfällige Sanierung. Parameter wie Fensterfläche, Reinigung oder Abbruch fließen darin ein. "Vor allem die Energiekosten, die massiv steigen werden, beeinflussen die Lebenszykluskosten", resümierte Floegl.

Planung entscheidend

Über die Ergebnisse eines anderen Forschungsvorhabens referierte Susanne Geissler von der Österreichischen Energieagentur. Dabei wurden Gebäudemerkmale mit Kostenkategorien in Beziehung gesetzt, beispielsweise Heizkosten mit Büroflächen. Für 50 bestehende Bauten wurden Prognosen erstellt. Ein Ergebnis: Auch wenn die Qualität des Gebäudes von der Immobilienwirtschaft als hoch eingestuft wird, bedeutet das nicht, dass dies auch für Energieeffizienz zutrifft. "Es handelt sich nicht um ein fertiges Tool", erklärte Geissler, "sondern um eine Entscheidungshilfe in der frühen Planungsphase." Dort sieht sie das größte Potenzial, um die Folgekosten gering zu halten.

In der Planungsphase setzt auch das Lebenszykluskostentool der Beratungsfirma E 7 Energie Markt Analyse GmbH an. "Weil die wesentlichen Entscheidungen bei den Hauptnutzflächen beginnen, betrachten wir diese bis ins Detail", schildert Gerhard Hofer, wissenschaftlicher Berater bei E 7, den Ansatz des aus Mitteln des Zentrums für Innovation und Technologie (ZIT) geförderten Werkzeugs. "Sogar die Teppichart kann eingegeben werden. Alles in Hinblick auf die Energieeffizienz und deren Auswirkungen auf die Lebenszykluskosten des späteren Gebäudes."

Einen weiteren Aspekt zieht das Kosten-Nutzen-Tool der Österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik (Ögut) mit ein. Hier werden neben Kosten auch "weiche Faktoren" wie soziale Bedürfnisse oder Sicherheit in einem Rechenmodell zusammengeführt, wie Susanne Supper von der Ögut erläuterte. Errechnet wird schließlich ein Quotient, der wiedergeben soll, wie hoch der "Wohnnutzen" eines Gebäudes ist. Die Modelle werden sich bald bewähren können: 2011 soll eine Önorm, die die Lebenszykluskosten miteinbezieht, erscheinen. (max/DER STANDARD, Printausgabe, 27.10. 2010)

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Hausverstand

"Haus der Zukunft" ist ein Forschungs- und Technologieprogramm des Verkehrsministeriums. Durch Forschung und Entwicklung soll eine Basis für innovative und nachhaltige Konzepte für den Neubau und die Sanierung entwickelt werden. Bis Herbst 2009 wurden sechs aufeinander aufbauende Ausschreibungen durchgeführt. Bisher wurden rund 300 Projekte mit mehr als 35 Mio. Euro gefördert. (max/DER STANDARD, Printausgabe, 27.10. 2010)