Die Taube. Nicht so schön blutig wie im Novelli. Aber nicht nur für Bruck an der Leitha fast weltklasse.

G'selchter
Altstadt 5
2460 Bruck an der Leitha
02162 62252

Zweimal zwei Gänge, etwas Apfelsaft, Wein und Kaffee: 42,20 Euro

Foto: Fidler

Unter diesem Spiegelei verbarg er sich, der Nagelpilz. Er mischte sich wie die Radieschen unter allerlei gebratenes Gemüse. Gut und sehr viel, stöhnte die Vegetarierin.

Foto: Fidler

Die beste geröstete Leber des Landes und des Jahres 2007 kann nicht ganz an ihre damalige Form anschließen, scheint mir. Aber sehr okay.

Foto: Fidler

Eierschwammerl waren aus. Eierschwammerlgulasch hätte es trotzdem gegeben. Halt nicht mit Eierschwammerln, für die sprangen Nagelpilze ein. Das ist jetzt vielleicht nicht der beste Weg, um ein Schwammerlgulasch an Mann und Frau zu bringen, aber ein erfreulich ehrlicher. Nagelpilze, verrät uns der ausgesprochen freundliche, junge Kellner auf etwas skeptische Nachfrage, sind ebenfalls Speisepilze, mit einer eher kleinen Kappe.

Beim oberflächlichen Googeln nach Nagelpilzen finde ich unter vielen, vielen Hauterkrankungsseiten mit vielen Appetit anregenden Bildern leider keine Schwammerl dieses Namens. Wir glauben dem jungen Mann, aber die Vegetarierin disponiert nun doch um auf Bratkartoffeln mit Spiegelei, dort spielen die Eierschwammerl-Doubles zwar auch eine, aber nicht gleich die Hauptrolle.

Vegetarierin sieht Rot

Unter dem Spiegelei findet sich überhaupt ein buntes Allerlei von Gemüsen, vom Rucola bis zu Radieschen. Es wäre wahr und doch übertrieben, hier zu schreiben, die Vegetarierin sah rot, überrascht wirkte sie aber, dass man die scharfe Knolle warm serviert. Ich stahl ihr einen Nagelpilz, kein geschmacklicher Höhepunkt, eher belanglos, würde ich sagen.

Die Kürbiscremesuppe davor hatte sie ebenfalls überrascht - so dick war sie ihr nicht geläufig. Ich mag's da ja breiig gern, und diese dicke Suppe mochte ich ganz besonders. Da löffelte ich freudig mit - so eine kleine Taube auf Schwammerlrisotto (Nagelpilz?) zur Vorspeis gibt ja nicht soviel aus. Sehr kräftig die Sauce zum Federvieh, das Tier eine reine Freude. 

Die beste Leber

Und dann? Erfuhr ich wieder einmal, dass man nicht allen Juries trauen kann. Die geröstete Leber hier, in Bruck an der Leitha, beim G'selchten, steht in der Karte, wurde 2007 zur besten Niederösterreichs gewählt. Ich hätte mich daran erinnern sollen, dass an der Wahl des besten Beuschels des Landes 2009 Juroren beteiligt waren, die keine Innereien essen.

Nein, so schlimm war die Leber nicht, ganz im Gegenteil, eine sehr anständige Vertreterin ihrer Art, der Saft dunkel und dick, fast in Richtung Gulasch. Aber beste geröstete Leber des Landes, das schraubt natürlich die Erwartungen hoch. Vielleicht hatte die Leber auch nur einen schlechten Tag.

Dialektkunde: G'söchta

Den G'selchten hab ich übrigens nicht gesehen, vielleicht lag auch daran der Ansatz des Entgiftungsorgans zum Formtief. Sonst hätte ich ihn gefragt, warum er diesen Spitznamen hat. Die Dialektredaktion des STANDARD sieht in G'söchten etwas beleibtere Menschen. Alternativinterpretation: ein starker Raucher. Ich tippe eher auf a), auch wenn in der Gaststube vorne noch Aschenbecher auf den Tischen stehen.

Falls das jetzt nicht so herauskam (ich stürze mich halt gern auf Eigenheiten): Ich kann das Wirtshaus guten Gewissens empfehlen. Und mich die Werbung ("beste Leber") nicht vom rechten Weg abgebracht hätte, wären die gerösteten Nierndln mit Hirn dran gewesen. Ob die mit denen beim Amstädter mithalten können, gilt es noch zu prüfen.