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Karlheinz Kopf: "Alexander Wrabetz empfiehlt sich nicht für eine Wiederwahl. Da muss ich meine frühere Meinung leider revidieren."

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STANDARD: Sie stellen sich hinter die Forderung des Zeitungsverbands, dass öffentliche Institutionen laufend ihre Werbebuchungen offenlegen müssen. Haben Sie das Gefühl, dass da etwas schief läuft?

Kopf: Ministerien und andere Gebietskörperschaften müssen informieren. Das können sie nicht ausschließlich über Presseharbeit, da braucht es auch Medienkooperationen und Inserate. Ich will ihnen Werbung ebensowenig verbieten oder sie limitieren, wie für Unternehmen, die mehrheitlich Gebietskörperschaften gehören. Aber diese Ausgaben überborden offenbar - ich höre von einer Verdoppelung auf 80 Millionen alleine bei der Stadt Wien und ihrer Unternehmen. Und wenn selbst der Präsident des Zeitungsverbandes schon warnt, die Medien dürften nicht käuflich werden: Da schrillen bei mir die Alarmglocken. Die Zeitungen haben den einzig sinnvollen Weg vorgeschlagen: Man muss für die Bürger laufend transparent machen, wer wo was um wieviel Geld schaltet. Damit unterliegt es der Kontrolle der Öffentlichkeit, jeder kann sich ein Bild machen.

STANDARD: Medienstaatssekretär Josef Ostermayer hat bis zu diesem Gespräch nicht darauf reagiert. Haben Sie dafür eine Erklärung?

Kopf: Ich könnte mir vorstellen, dass ihm der Vorschlag nicht gefällt.

STANDARD: Warum das?

Kopf: Nun schalten auch ÖVP-Ministerien Inserate. Aber ich orte doch ein deutliches Übergewicht der SPÖ, insbesondere, wenn man Wien dazunimmt. Ich werde sicher nicht lockerlassen, diesen Vorschlag zu verfolgen.

STANDARD: Der VÖZ sieht eine Schieflage zugunsten "Krone", "Heute" und "Österreich". Teilen Sie den Eindruck?

Kopf: Wenn man die Zeitungen durchblättert, kann den Eindrucks einer eher einseitigen Vergabe gewinnen. Ich sehe das - auch nach Reichweiten - sachlich nicht begründbar. Da steckt etwas anderes dahinter.

STANDARD: Und was?

Kopf: Lassen wir das einmal so stehen.

STANDARD: Nach den jüngsten Besetzungen im ORF, vom Radiodirektor bis zu Chefredakteuren war vom roten Durchmarsch im ORF die Rede. Teilen Sie den Befund?

Kopf: Den Eindruck kann ich nur bestätigen. Die ORF-Führung hat sich offenbar mit Haut und Haaren der SPÖ-Führung unterworfen. Sie fällt offenbar keine Entscheidung ohne Rückfrage am Ballhausplatz.

STANDARD: Wie reagieren Sie?

Kopf: Wir können dagegen im Moment schwer etwas tun. Es regt sich jedoch Unmut im ORF. Es wird auch nicht lange dauern, bis die Seherinnen und Seher darauf reagieren. All das ist doch zum Schaden des Hauses: Die Motivation der Mitarbeiter sinkt weiter. Die Reichweiten sinken weiter. Und all das wirkt sich auf das wirtschaftliche Ergebnis aus. Da werken ein paar ganz ordentlich am Niedergang dieses Unternehmens. Im Glauben, sich das Unternehmen einnähen zu können, beschädigen sie es hochgradig. Die einzigen, die sich darüber freuen können, sind die Privaten.

STANDARD: Was heißt das für das Generaldirektorenwahljahr 2011?

Kopf: Alexander Wrabetz empfiehlt sich damit nicht für eine Wiederwahl. Da muss ich meine frühere Meinung leider revidieren.

STANDARD: Sie wären für einen eigenen, jedenfalls einen anderen Kandidaten für die ORF-Spitze?

Kopf: Das werden unsere Freunde im Stiftungsrat zu entscheiden haben. Ich kann mir im Moment nicht gut vorstellen, dass diese ORF-Führung nächstes Jahr die Unterstützung zumindest der mir bekannten Stiftungsräte finden wird. Aber ich will da niemanden präjudizieren.

STANDARD: Im ORF kursiert derzeit als Szenario auch ein Führungsduo Elmar Oberhauser (als General) und Karl Amon (als Infodirektor über alle Medien).

Kopf: Ich möchte einzelne Personen nicht kommentieren. Das halte ich allerdings für eine ziemlich gefährliche Drohung.

STANDARD: Kanzler Werner Faymann hat sich unlängst für kleinere ORF-Gremien ausgesprochen - nachdem die SPÖ das beim neuen ORF-Gesetz abgelehnt hatte.

Kopf: Da kann ich nur schmunzeln. Ich war dafür. Alle, die sich mit dem ORF auskennen, raten zu kleineren, schlagkräftigeren Gremien. Und letztlich ist das an der SPÖ gescheitert. Meines Wissens hat der Herr Bundeskanzler seinen jüngsten Vorstoß rasch revidiert, jedenfalls kurzfristig.

STANDARD: Vor der nächsten Wahl kommt das jedenfalls nicht mehr?

Kopf: So kurzfristig sehe ich das nicht. Wenn wir das ORF-Gesetz noch einmal angreifen würden, fallen mir noch ein paar andere Änderungsnotwendigkeiten ein.

STANDARD: Zum Beispiel?

Kopf: Das behalte ich noch für mich, bis es soweit ist. Ich will dem Koalitionspartner ja die Überraschung nicht nehmen.

STANDARD: Nach Causen wie "Am Schauplatz" will Medienstaatssekretär Ostermayer das Redaktionsgeheimnis auch auf strafrechtlich beschuldigte Journalisten auszudehnen? Was halten Sie davon?

Kopf: Ich bin selbstverständlich an einem größtmöglichen Schutz des Redaktionsgeheimnisses interessiert. Aber lassen wir das zunächst die Experten bei der geplanten Fachtagung im November abwägen. Ich traue mich nicht abschließend zu beantworten, ob es Änderungen braucht. Deshalb habe ich auch der Justizminsterin und demStaatssekretär geraten, das in einer Fachtagung zu erörtern und nicht in einer parlamentarischen Enquete. So große Enqueten geraten immer auch zum Spektakel und zur Selbstdarstellung. Mir ist das Thema zu heikel. (Harald Fidler/DER STANDARD; Printausgabe, 20.10.2010; Langfassung)