Ein Meisterwerk in Öl auf Alabaster: Hans von Aachens "Sturz des Phaeton" (um 1600) aus dem Kunsthistorischen Museum.

Foto: Kunsthistorisches Museum Wien

Wien - Vorschusslorbeeren erntete der 22-jährige Hans von Aachen 1574 bei seiner Ankunft in Venedig keine. Als er Gaspar Rem, den er sich als Mentor wünschte, verriet, er sei aus Köln, warf ihm der niederländische Maler und Kunsthändler an den Kopf: "Dann bist du ein Mof (Anm.: so schimpften die Niederländer einen Deutschen), die pflegen nicht viel zu können."

Doch Hans von Aachen, der in seiner Heimat bereits eine komplette Ausbildung absolviert hatte, machte sich fleißig daran, Rem eines Tages vom Gegenteil überzeugen zu können. Er schulte sich in venezianischen Kirchen im Kopieren von Meisterwerken - etwa von Paolo Veronese - und erprobte sich an Selbstporträts vor dem Spiegel: Zunächst unsicher und ernst, später als lauthals lachendes Doppelgespann, sich selbst am Ohrläppchen zupfend. Und schließlich staunte auch Rem.

So ist es jedenfalls von Karel van Mander, dem "holländischen Vasari" in seinem 1604 veröffentlichten Schilder-Boeck (Maler-Buch) überliefert. Aber aus dem jungen Kölner, der sich nach der Heimatstadt seines Vaters nannte, sollte einer der gefragtesten Maler der Zeit werden, der seine Karriere schließlich in Prag beschloss. Dort war er Kammermaler des wohl wichtigsten Mäzens jener Zeit nördlich der Alpen - Rudolf II. Der menschenscheue Monarch schickte Aachen sogar aus, Brautkandidatinnen zu porträtieren.

Der prophezeite große Nachruhm ereilte Aachen dennoch nicht. Trotz großer Könnerschaft und Vielseitigkeit ist er etwa im Vergleich zu den Zeitgenossen Rubens und Caravaggio ein Künstler, der für das breite Publikum erst wiederentdeckt werden muss.

Wirtshaus und Bordell

Ihren Teil trägt dazu nun die Ausstellung zum Hofmaler bei. Nach Stationen in den Kooperationshäusern in Aachen und Prag endet diese nun im Kunsthistorischen Museum und versammelt rund 45 Gemälde, 30 Zeichnungen sowie 25 Kupferstiche nach Vorlagen von Aachens. Besonders in der Gegenüberstellung von Originalzeichnungen, meist in Tusche, und Stichen allegorischer, mythologischer und religiöser Themen werden von Aachens Leistungen deutlich. Und das Bildnis des Francesco di Medici (um 1585) zeigt etwa, wie Hans von Aachen die europäische Porträttradition in Florenz einführte.

Laut Wandtafeln ist die Schau chronologisch und nach geografischen Lebensstationen organisiert. Eine Ordnung, die unter anderem deswegen schwer nachvollziehbar ist, weil sich eingangs zu frühen Selbstporträts späte Darstellungen (um 1580/85) des Künstlers mit seiner jungen Frau Regina di Lasso gesellen. Sie zeigen das Paar in irritierend "weltlichen", trunkenen Situationen, etwa im Bordell oder im Wirtshaus. Dazu passt leider eine wenig schmeichelnde Beschreibung Girolamo Manzuolos von 1603: "Ein Mann von größerer Einfachheit als Klugheit, (.. .) der Wein und Fröhlichkeit liebt." (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD - Printausgabe, 19. Oktober 2010)