Wolken über dem Pazifischen Ozean, von der Internationalen Weltraumstation ISS aus gesehen. Derzeit ist nur ein Prozent der Meeresoberfläche offiziell unter Schutz gestellt.

Foto: NASA Johnson Space Cente

Nagoya/Berlin – Der Schutz der Ozeane hinkt dem international vereinbarten Ziel weit hinterher. Dies geht aus dem globalen Meeresbericht hervor, den die Weltnaturschutzunion (IUCN) am Dienstag auf der UN-Artenschutzkonferenz in Nagoya veröffentlichte. Die Staaten hatten 2002 vereinbart, zehn Prozent der Meeresfläche bis zum Jahr der Biodiversität 2010 unter Schutz zu stellen. Tatsächlich sind es nur ein Prozent.

"Unsere Lebensgrundlage steht hier und jetzt auf dem Spiel", sagte der Leiter des Meeresprogramms der IUCN, Carl Gustaf Lundin. Er fordert sogenannte "Hoffnungs-Orte", Ozeanflächen mit besonderem Schutz, "als Zeichen dafür, dass die Welt mit rund zwei Drittel ihrer Fläche sorgsam umgeht."

5.880 Meeresschutzgebiete weltweit

Bisher gibt es 5.880 Meeresschutzgebiete weltweit. Die meisten davon sind in Küstengebieten, im Ozean gibt es nur sehr wenige Schutzflächen. Die vorhandenen Gebiete schützen aber längst nicht alle Arten und Lebensräume. Sie repräsentieren nicht einmal alle Regionen der Erde. Die IUCN und das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) riefen deshalb zur verstärkten Ausweisung von Meeresschutzgebieten auf. Die Vertragsstaaten der CBD haben sich vorgenommen, bis zum Jahr 2012 ein weltweites Netz an Meeresschutzgebieten fertigzustellen.

Mehr als dreißig Autoren haben sich am neuen IUCN- Meeresschutzbericht beteiligt. Sie stellen darin gelungene Projekte und Empfehlungen dafür vor, wie zukünftig Bewirtschaftung und Schutz der Meere miteinander vereinbart werden können. In der IUCN sind zahlreiche Naturschutzorganisationen zusammengeschlossen, darunter der WWF.

Rund 8.000 Delegierte aus 193 Ländern beraten sich seit Montag bei der UN-Konferenz in Japan über die Wahrung der biologischen Vielfalt. Am Ende der zweiwöchigen Verhandlungen soll die Festlegung auf 20 strategische Ziele stehen.

Trotz aller Absichtserklärungen hat sich die Weltgemeinschaft noch nicht auf eine große Initiative zum Artenschutz einigen können. "Wir haben es nicht geschafft, erfolgreich die Botschaft zu vermitteln, dass unsere Gesellschaft und unsere Volkswirtschaften letztlich von dieser biologischen Vielfalt abhängen", sagte Bill Jackson, stellvertretender Generaldirektor der Internationalen Naturschutzunion (IUCN).

Business as usual keine Option

"Im internationalen Jahr der Artenvielfalt ist business as usual keine Option mehr", sagte der Chef der Biodiversitäts-Konvention Ahmed Djoghlaf. "Jetzt ist die Zeit, um zu handeln und hier ist der Ort dafür." Auch der japanische Umweltminister Ryo Matsumoto warnte vor weiterem Artenverlust und rief zu schnellem Handeln auf. Matsumoto ist seit Konferenzeröffnung neuer Präsident der Konvention.

Die Kluft verläuft ähnlich wie beim Klimaschutz vor allem zwischen Industriestaaten und Entwicklungsländern. In Nagoya geht es unter anderem um die Frage, wie Profite aus genetischen Ressourcen gerecht aufgeteilt werden können - etwa aus Pflanzen, die in Entwicklungsländern wachsen und aus denen in Industriestaaten lukrative Medikamente hergestellt werden. Angestrebt wird ein Protokoll mit dem Ziel. Den Erlös aus biologischen Wirkstoffen gerecht zu verteilen. Demnach müssten etwa Pharmakonzerne, die Arzneien aus tropischen Pflanzen gewinnen, der Bevölkerung des Ursprungslandes der Pflanze einen Teil des Profits abgeben.

Chance auf Finanzhilfe oder Technologietransfer

Besonders die Entwicklungsländer sprechen diesem ABS-Protokoll (Access and Benefit-Sharing/Aufteilung von Zugriff und Gewinn) eine große Bedeutung zu. Für sie könnte diese Vereinbarung die Chance auf einen vertraglich geregelten Technologietransfer oder zusätzliche Zahlungen aus den Industrieländern sein. Das Verabschieden eines Biopiraterie-Protokolls könnte der Schlüssel dafür sein, dass die Entwicklungsländer der ebenfalls in Nagoya auf dem Tisch liegenden globalen Artenschutzstrategie zustimmen. Als einziger Industriestaat lehnen die USA die Artenschutz-Konvention ab. (red/AP/dapd/dpa)

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Hintergrund: Worum es in Nagoya geht

In der japanischen Stadt Nagoya hat am Montag die zehnte Runde der UNO-Verhandlungen zum Schutz der Artenvielfalt (CBD) begonnen. Diese Konferenz ist neben den Klimaverhandlungen und den UNO-Konferenzen gegen die Wüstenausbreitung ein Pfad, der aus dem Erdgipfel in Rio 1992 hervorging. Alle drei UN-Konventionen haben zum Ziel, die Natur für spätere Generationen zu erhalten und ihre Rohstoffe gerecht und naturgemäß zu nutzen.

In Nagoya werden zwei große Themenblöcke verhandelt:

  • Biopiraterie: Das Protokoll gegen Biopiraterie ist ein wichtiges Ziel. Es soll zukünftig Gewinne aus biologischen Rohstoffen, wie etwa Arzneien aus tropischen Pflanzen, zwischen Entwicklungs- und Industrieländern gerecht verteilen. Erstmals könnte ein rechtlich verbindliches Protokoll zu dem Themengebiet abgeschlossen werden.
  • Strategie für den internationalen Artenschutz: Die Artenschutzstrategie ist das zweite wichtige Konferenzthema. Es soll ein Fahrplan für konkrete Naturschutzziele ausgewiesen werden, um bis zum Jahr 2020 den Verlust der Artenvielfalt aufzuhalten. Dazu sollen beispielsweise Schutzgebiete vergrößert werden und der Verlust von Waldgebieten gestoppt werden.

In den beiden großen Themenblöcken geht es unter anderem um:

  • Schutz von Waldgebieten: Der Schutz von Wäldern ist ein weiteres Schlüsselkriterium im Verhandlungsverlauf. Auch wenn in manchen Industrieländern die Waldfläche zunimmt, schreitet der Verlust der gesamten Waldfläche der Erde weiter fort. Wälder sind wichtige Kohlenstoffspeicher und daher auch Teil der Klimaverhandlungen. In Nagoya müssen nun beide Konferenzstränge zum Wald so miteinander verzahnt werden, dass die Schutz- und Bewirtschaftungsstrategien vereinbar sind.
  • Meeresschutzgebiete: Bis zum Jahr 2012 wollen die Vertragsstaaten ein globales Netzwerk von Meeresschutzgebieten erstellen. In Nagoya werden weitere Entscheidungen für diesen Prozess erwartet. Bisher sind etwa 13 Prozent des Festlandes und fünf Prozent der Küsten geschützt. Die geschützte Meeresfläche beträgt jedoch weniger als ein Prozent.
  • "Schädliche Subventionen": Die Vertragsstaaten haben sich vorgenommen, Subventionen zurückzufahren, die die Artenvielfalt gefährden. Die Folgen wären grundlegende Reformen in Landwirtschaft und Fischerei in den Industriestaaten.