Weil durch Werbung auf Youtube die Gemeinschaftsmarken "LA Hairstyles" und "Hairdreams" verletzt wurden, muss dort auch das Urteil veröffentlicht werden (www.youtube.com).

Foto:

Nicht nur Filmemacher wie David Fincher (The Social Network), auch Unternehmen haben das Potenzial von Social Networks und User-Generated-Content-Seiten (UGC-Seiten) erkannt. Eine unternehmenseigene Facebook-Seite und ein "branded" Youtube-Channel dürfen in keinem Marketing-Mix fehlen, da sie den leichten Zugang zu einer riesigen "Community" und einer ganzen Generation von Internet-Usern ebnen.

Für ein Unternehmen erfüllt ein solcher Auftritt ähnliche (Werbe-) Zwecke wie eine unternehmenseigene Website. Die Kundenakquise wird nur dorthin ausgebreitet, wo noch mehr Konsumenten erreicht werden können. Es überrascht daher nicht, dass auch Wettbewerbs-, Kennzeichenrechts- und Persönlichkeitsrechtsverletzungen in diesem Bereich zunehmen.

Obwohl Social-Network-Profile und UGC-Seiten einen weniger "offiziellen" Eindruck vermitteln als unternehmenseigene Webseiten, da sie layouterischen Zwängen des jeweiligen Plattformanbieters unterliegen, sind sie den eigenen Webseiten aus rechtlicher Sicht gleichzuhalten. Die Palette der möglichen Rechtsverletzungen auf diesen Plattformen bleibt dabei ebenfalls breit.

Wettbewerbs- und Kennzeichenrechtsverletzungen berechtigen den Verletzten regelmäßig, ein positives Urteil zu veröffentlichen bzw. veröffentlichen zu lassen. Nach ständiger Rechtsprechung liegt der Zweck einer solchen Maßnahme darin, die durch eine rechtswidrige Handlung angesprochenen Verkehrskreise über den wahren Sachverhalt aufzuklären, was dem schadenersatzrechtlichen Restitutionsgedanken entspricht. Demzufolge muss die Urteilsveröffentlichung dem sogenannten "Talionsprinzip" genügen: Die Urteilsveröffentlichung hat grundsätzlich im selben Medium und auf die gleiche Art sowie in der gleichen Aufmachung zu erfolgen wie der beanstandete Gesetzesverstoß. Bei Rechtsverletzungen im Internet, so die konsequente Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, hat die Urteilsveröffentlichung nur im Internet - und nicht etwa auch in Printmedien - zu erfolgen.

In der Praxis steht der Rechtsanwender bei der Veröffentlichung auf Facebook, Youtube & Co allerdings vor dem Problem, dass die Inhalte vom Internet-User nur bedingt gestaltet werden können. Ihm wird in den meisten Fällen ein vordefiniertes Layout bzw. ein nicht änderbares Template zur Verfügung gestellt, das er mit eigenen Inhalten füllen kann.

Das Handelsgericht Wien (HG Wien) hat in einer aktuellen Entscheidung im Fall der missbräuchlichen Verwendung der Gemeinschaftsmarken "LA Hairstyles" und "Hairdreams" (10 Cg 115/10g vom 25. 8. 2010) bestätigt, dass die Urteilsveröffentlichung auch auf einem Youtube-Channel und auf der Facebook-Seite eines Rechtsverletzers möglich ist, da so dem Talionsprinzip bestmöglich entsprochen wird.

Da ein "branded" Youtube-Channel eines Unternehmens mit einem "Firmenfernsehkanal" vergleichbar ist, liegt für eine Urteilsveröffentlichung eine Analogie zu Rechtsverletzungen im TV nahe, unter Berücksichtigung der technischen Möglichkeiten und Layout-Vorgaben dieser Plattform. Das Gericht hat die Beklagte dazu verurteilt, ein Video auf dem Youtube-Channel des Unternehmens hochzuladen, in dem der Spruch des Urteils als Fließtext erscheint und deutlich vorgelesen wird. Zusätzlich muss sie das Video mit Tags versehen, die die Bezeichnung "Urteilsveröffentlichung", die in dem Fall verletzten Marken und die Streitparteien beinhalten.

Bei Rechtsverletzungen auf Facebook scheint die Urteilsveröffentlichung in einem eigenen Fotoalbum, in dem der Urteilsspruch als Foto abgebildet ist und sich in der Albumbeschreibung wiederfindet, sinnvoll und durchsetzbar. Das Ziel des Talionsprinzips kann vor allem damit erreicht werden, dass ein solches Fotoalbum im Newsfeed aller "Freunde" oder "Fans" aufscheint; im Regelfall werden damit genau die Verkehrsteilnehmer erreicht, die von der ursprünglichen Rechtsverletzung Kenntnis erlangen konnten.

Freilich kann sich der "Freundes-" bzw. "Fankreis" eines Verletzers im Zeitraum zwischen der Rechtsverletzung und der Urteilsveröffentlichung ändern; diese Unschärfe besteht allerdings auch bei Veröffentlichungen in klassischen Medien.

Das Urteil zeigt, dass Social Networks und UGC-Seiten einer Urteilsveröffentlichung zugänglich sind. Der in seinen Rechten Verletzte muss mitunter kreative Ansätze finden und mit den vorhandenen "Werkzeugen" arbeiten, wenn er eine Urteilsveröffentlichung durchsetzen will. (Alexander Schnider Dominik Hofmarcher, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13.10.2010)