Mailand/Wien - Behandelt man Frauen mit einer Form von Brustkrebs mit einer sonst schlechten Prognose bereits vor der Operation mit einer dreifachen Kombination von Chemotherapeutika, erhöht das deutlich deren Chancen. Das hat die Auswertung einer wissenschaftlichen Untersuchung der österreichischen Studiengruppe für Brust- und Dickdarmkrebs (ABCSG) ergeben, die der Wiener Onkologe Günther Steger (Klinische Abteilung für Onkologie, Universitätsklinik für Innere Medizin I am Wiener AKH) beim Europäischen Onkologenkongress (ESMO; bis 12. Oktober) in Mailand präsentiert hat.

In die Studie waren zwischen 2004 und 2008 insgesamt 540 Frauen aufgenommen worden. Es handelte sich um Brustkrebspatientinnen aller Stadien, allerdings ohne Metastasen. Sie erhielten noch vor der Operation sechs Zyklen Chemotherapie. Dabei war die primäre Frage, ob man durch die zusätzliche Gabe der Substanz Capecitabin zu einer Kombination von Epirubicin und Docetaxel bei mehr Frauen eine völlige Beseitigung aller bösartigen Zellen erreichen könnte. Steger: "Wir konnten diesen Anteil von 16 auf 24 Prozent steigern."

Erneute Auswertung

Diese Ergebnisse waren bereits im vergangenen Jahr beim Europäischen Onkologenkongress in Berlin präsentiert worden. Nun nahmen die Wissenschafter eine erneute Auswertung vor. Der Experte bei einem Hintergrundgespräch in Mailand: "Unter den 540 Probandinnen waren auch 122, deren Tumoren weder hormonabhängig (Östrogen oder Progesteron, Anm.) waren noch eine vermehrte Zahl von HER-2-Rezeptoren aufwiesen. Das nennt man 'dreifach negativen Brustkrebs'. Diese Frauen haben eine ganz schlechte Prognose, was das Wiederauftreten der Erkrankung betrifft. In unserer Studie zeigte sich aber, dass durch die Dreifach-Chemotherapie die Rate der Remissionen von 24 auf 48 Prozent stieg." Das bedeutet, dass die Therapie offenbar bei Hochrisikopatientinnen besonders gut wirkt. An der Wiener Universitätsklinik wurde vor kurzem ein "Comprehensive Cancer Center" geschaffen, in dem alle Spezialisten in intensiverer Form als bisher in Forschung und Patientenbetreuung zusammen arbeiten (Leitung: Christoph Zielinski).

Zusätzliche Effekte

Auch eine andere österreichische Studie - sie sorgte international schon vor einigen Jahren für Aufsehen unter den Experten - zeigt anhaltenden Erfolg. Onkologe Steger: "Wir haben damals bewiesen, dass die Zugabe des Osteoporosemedikaments Zoledronat zu eine antihormonellen Therapie bei Brustkrebs einen zusätzlichen und eigenständigen Effekt gegen das Wiederauftreten der Erkrankung entfaltet. Jetzt gibt es schon eine Auswertung nach 62 Monaten Beobachtungszeit. Dabei zeigte sich, dass die Wirkung auch nach Beendigung der Therapie langfristig erhalten bleibt und sich sogar im Laufe der Zeit noch verstärkt."

Auch Steger erwartet sich weitere Verbesserungen durch die moderne zielgerichtete Therapie unter Verwendung von monoklonalen Antikörpern und bzw. oder kleinen Molekülen, welche ganz spezifisch biologische Abläufe in den bösartigen Zellen blockieren. So läuft derzeit eine Studie, bei der in mehreren Patientengruppen unter anderem die Kombination von zwei monoklonalen Antikörpern (Trastuzumab und Pertuzumab) ohne Chemotherapie bei Frauen mit sogenanntem HER2-positiven Brustkrebs verglichen wird. Wäre das gleich gut oder gar erfolgreicher, könnte in Zukunft vermehrt auf die toxischere Chemotherapie verzichtet werden.

Studie aus Österreich

Beim ESMO-Kongress in Mailand stellte eine österreichische Studiengruppe auch Daten vor, wonach die Hemmung der Bildung von Blutgefäßen bei fortgeschrittenem Brustkrebs mit dem monoklonalen Antikörper Bevacizumab zusätzlich zu einer Chemotherapie laut den bisherigen wissenschaftlichen Studien die Überlebenszeit der Betroffenen wahrscheinlich erhöht. Mit diesem Antikörper kann man aber auch offenbar bei bösartigen Gehirntumoren (Gliome) einen positiven Effekt erzielen, wie eine Beobachtungsstudie mit Experten aus Österreich (Wien, Linz, Salzburg), der Schweiz und Deutschland zeigte. Schließlich stellte ein Expertenteam der Central European Cooperative Oncology Group (CECOG) mit maßgeblicher Beteiligung der Wiener Universitätsklinik die bereits dritte Leitline zur medikamentösen Behandlung des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms vor. (APA)