Karin Bauer im Gespräch mit Investmentbanker Gerald Hörhan, Schriftsteller Michael Köhlmeier und Edith Schlaffer von der Organisation Frauen ohne Grenzen. ---> Ansichtssache: Impressionen zur KarrierenGala 2010

Schriftsteller und Erzähler Michael Köhlmeier über seinen Luxus und Reichtum.

Die glatte Zeit

Der Schriftsteller und Erzähler Michael Köhlmeier hätte gern mehr Zeit ohne Termin-Stacheln. Anders sei jeder - ob besser oder schlechter als die anderen, hänge auch vom Serotoninspiegel ab.

Sein Beruf sei der absolute Luxus, sagt Schriftsteller und Erzähler Michael Köhlmeier. "Ich werde dafür bezahlt, nicht die Wahrheit zu sagen." Berühmt wurde er unter anderem mit Nacherzählungen der griechischen Mythologie. Es ist aber nicht die falsche Zeit, in der er lebt. Vielmehr vermisst er, wie er es nennt, die glatte Zeit, also jene Zeit, die keine Stacheln von Terminen hat. "Eine Woche, in der ich nur denken kann, das ist für mich glatte Zeit."

Schriftsteller und Karriere sind für ihn kein Widerspruch, nichts, wofür man sich schämen müsse. "Das letzte Tabu, über das aber kaum gesprochen wird, ist die Erfolglosigkeit. Die gibt keiner gerne zu", sagt Köhlmeier. Dennoch hat er andere Parameter für eine gute Karriere als andere Branchen. "Schwierig wird es für Schriftsteller, wenn Beruf und Familie auseinanderklaffen", erklärt er. Wichtig sei, dass alle Lebensbereiche miteinander verwoben sind und Arbeit nicht als Arbeiten begriffen werde. Auch für den Begriff Reichtum hat er eine bescheidene Definition. "Als Student war ich reich, wenn ich im Restaurant nicht mehr auf die rechte Seite der Speisekarte schauen musste", sagt Köhlmeier.

"Jeder ist anders. Entweder ich bin besser oder schlechter als alle." Und das hänge im Wesentlichen vom Serotoninspiegel ab, fügt er an.

Foto: Christian Fischer

Für eine Kultur des Optimismus: Edith Schlaffer, Organisation Frauen ohne Grenzen.

Frauen gegen Terror

Die Idee der Smart Power müsse weiter befördert werden, damit die Hetze weniger Platz habe, sagt Edith Schlaffer (Frauen ohne Grenzen). Nur so könne es zu einer stärkeren Kultur des Optimismus kommen.

Die Chancen, sich zivilgesellschaftlich zu beteiligen, seien heute größer denn je, sagt Edith Schlaffer, Vorsitzende der Organisation Frauen ohne Grenzen. 2008 hat sie die erste weibliche Anti-Terror-Plattform Save (Sisters Against Violent Extremism) gegründet. "Weil Frauen nah am Geschehen sind, aber dort kaum über die notwendigen Mittel verfügen", lautet die Motivation. Save versteht sich als Thinktank, der mit Organisationen vor Ort eng zusammenarbeitet. Wegen ihres Engagements wurde sie zu einer der 21 Leaders of the 21st Century gekürt. Gerade weil es uns gutgehe, hätten wir eine moralische Verpflichtung dazu, und die sei unteilbar, sagt Schlaffer.

Gleichzeitig macht sie sich stark für eine Kultur des Optimismus. "Nicht vorbehaltlos", wie sie sagt, aber ohne Hetze. Dafür müsse das moderate Potenzial der Gesellschaft lauter hörbar werden. Denn nur wenn die Zähmung der Wildnis in jedem selbst gelinge, könne die Welt besser werden. "Ich glaube nicht an das Gute in der Welt per se, aber ich glaube, dass wir die Welt besser machen können", ergänzt sie.

Dafür sei es auch notwendig, keine Angst vor Veränderungen zu haben und mit mehr Optimismus negativen Strömungen entgegenzuwirken. "Denn jeder Tag kann besser sein als der Tag davor."

Foto: Christian Fischer

Investmentbanker Gerald Hörhan spricht darüber, was er besser mache als die anderen.

Anders als andere

Investmentpunk Gerald Hörhan fordert mehr wirtschaftliche Bildung, damit es anders und besser wird. Nur so werde dem ökonomischen Unsinn, der in der Öffentlichkeit verbreitet werde, kein Glauben mehr geschenkt.

Der Mittelstand sei schuld an der Finanzkrise. "Denn die Mittelschicht hat dauerhaft über ihre Verhältnisse gelebt, und das war der eigentliche Auslöser der Krise", sagt Gerald Hörhan, Inhaber der Investmentfirma Pallas Capital und Dozent an der WU Wien. Mit seinem Buch Investmentpunk - warum wir reich werden, während ihr schuftet hat er nicht gerade die Sympathiekarte gezogen. Damit könne er aber gut leben, denn: "Wer die ökonomische Wahrheit sagt, wird niemals ein Sympathieträger sein."

Damit es zu einem Perspektivenwechsel kommen könne, müsste viel stärker ökonomische Bildung an Schulen und Universitäten gelehrt werden. "Denn eins ist klar, die Leute meiner Generation zahlen brav ins System ein, werden aber nichts mehr herausbekommen, und wer das nicht kapiert, ist ein Idiot", sagt der 34-Jährige. Er arbeitet, um zu lernen und weil es Spaß macht. Dass er durch seinen erworbenen Reichtum jetzt mehr Freiheiten genießt und "niemandem mehr in den Arsch kriechen muss", sei dabei besonders erfreulich.

Zwei wesentliche Punkte seien notwendig, damit es anders und besser werde. Erstens: dem ökonomischen Unsinn keinen Glauben schenken und deshalb die Dinge anders machen als die anderen, und zweitens: hart arbeiten - denn von nichts kommt nichts. (ost, DER STANDARD, Printausgabe, 9./10.10.2010)

Ansichtssache: Impressionen zur KarrierenGala 2010

Foto: Christian Fischer