Herzlich, aber hart: Sie habe immer schon strenge Positionen in Integrationsfragen vertreten, sagt VP-Spitzenkandidatin Christine Marek - es habe sie bisher bloß niemand danach gefragt.

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Standard: Wie geil sind Sie auf das Rathaus?

Marek: (lacht) Sehr!

Standard: Für die "Schwarz macht geil"-Kampagne der JVP räkeln sich junge Mädchen in knappen Höschen auf teuren Autos. Finden Sie als Feministin nichts dabei?

Marek: Erstens sind Burschen und Mädchen dabei. Ich bin Feministin und engagierte Frauenpolitikerin, aber man muss sich überlegen, für wen man eine Kampagne macht. Ich glaube, dass das im jungen Segment legitim ist, weil da andere Maßstäbe angelegt werden können. Es war ein Vorschlag der JVP, den ich unterstütze.

Standard: Wo sind die Grenzen?

Marek: Wenn es sexistisch in eine Richtung geht. Ich hätte ein Problem damit, wenn die JVP ausschließlich mit Mädchen werben würde.

Standard: Ist es ein Versuch, Heinz-Christian Strache im Nachtleben beizukommen?

Marek: Nein. Es geht darum, die Jugend in ihrer Sprache anzusprechen. Ich ziehe nicht durch die Diskotheken und mache mir ein pseudojugendliches Image.

Standard: Laut Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier bringen diese Kampagnen nichts, sondern dienen nur der Beruhigung der Partei.

Marek: Unser Feedback ist anders. Die Kampagne dient dazu, ins Gespräch zu kommen. Das ist gelungen.

Standard: Die liberale Familienpolitikerin Christine Marek hat einen recht strengen Wahlkampf geführt. War das eine strategische Entscheidung?

Marek: Wenn man Politik für diese Stadt macht, muss man die Probleme ansprechen und lösen. Es macht einen Unterschied, ob ich als Familienpolitikerin im Bund für gesellschaftspolitische Themen zuständig bin oder ob ich als Stadtpolitikerin für alle Lebensbereiche verantwortlich bin. Und wenn ich weiß, dass in dieser Stadt die Themen Integration und Bildung ganz oben stehen, muss ich auch Lösungen anbieten.

Standard: Aber es kommt auch auf die Verpackung an. Da erweckt die ÖVP schon den Eindruck, dass sie eher auf rechte Wähler schielt - Stichwort: Reden wir über Bildung auf Deutsch.

Marek: Es geht um die Wähler, die in dieser Stadt Defizite sehen und wollen, dass sich etwas verändert. Zu sagen, wo es knatscht und wo man etwas besser machen kann, das ist weder rechts noch links.

Standard: Aber gerade bei den Troubles, die die Grünen im Vorfeld der Wahl bei ihrer Listenerstellung hätten: Wäre da nicht Wählerpotenzial frei geworden?

Marek: Wir verschrecken ja niemanden. Gesellschaftspolitisch sehr offene Positionen zu haben ist das, was viele Grüne anspricht, auf der anderen Seite sind aber auch die mit heiklen Situationen konfrontiert, etwa, wenn sie in einem Bezirk wohnen, in dem 80 Prozent der Kinder in der Schule nicht Deutsch als Muttersprache haben. Da kommt man mit Grün nicht weit. Und zur Leistung müssen alle Kinder erzogen werden.

Standard: Es gibt viele Wähler, die mit den Grünen nicht ganz zufrieden sind, aber trotzdem die Linie von Innenministerin Maria Fekter nicht unterstützen, die im Wahlkampf mehrmals aufgetreten ist.

Marek: Maria Fekter ist eine wichtige Partnerin in Sachen Sicherheit - nicht mehr und nicht weniger. Aber die Politik in dieser Stadt gestalte ich mit meinem Team, das sehr breit aufgestellt ist.

Standard: Sie fordern im Fall einer Regierungsbeteiligung einen Sicherheitsstadtrat. In welchen anderen Ressorts soll es Umschichtungen geben?

Marek: Das werden wir nach der Wahl diskutieren. Sicherheit ist zwar in erster Linie eine Aufgabe des Bundes, aber derzeit macht die Polizei zu einem Drittel Aufgaben, die im Tätigkeitsbereich der Stadt liegen - Hundeführschein, Bettelverbot und so weiter. Da gibt es vieles, was die Stadt tun kann oder wofür es schon Ressourcen gibt. Wie eine Stadtregierung sonst zusammengesetzt werden soll, das ist alles Frage von Verhandlungen.

Standard: Aus dem Wirtschaftsflügel der VP gibt es die Forderung, das Wirtschafts- und das Finanzressort zu entkoppeln. Macht das Sinn?

Marek: Das muss man sich überlegen, diese Gedanken mache ich mir nach der Wahl. Jetzt zu spekulieren ist müßig. Wir sind vorbereitet, wenn es drauf ankommt.

Standard: Aus Wählerstromanalysen weiß man, dass es zwischen SPÖ und FPÖ einen regen Austausch gibt. Das heißt, eigentlich hängt die Frage, ob Sie mitregieren können, davon ab, wie viele Stimmen die FPÖ der SPÖ wegnehmen kann. Schmerzt das?

Marek: Es ist immer eine Frage des gesamten Ergebnisses. Es wird keine Oppositionspartei allein die absolute Mehrheit der SPÖ brechen, das ist klar. Aber jede Stimme für eine der Kleinparteien senkt die Hürde, die die SPÖ zur Absoluten überspringen muss.

Standard: Wie wird der 11. Oktober für Sie werden?

Marek: Es wird ein guter Tag. Und ich habe wahrscheinlich Wahlkampf-Entzugserscheinungen. (Bettina Fernsebner/Andrea Heigl, DER STANDARD, Printausgabe, 8.10.2010)