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Die drei Preisträger von links nach rechts: Akira Suzuki, Ei-ichi Negishi und Richard F. Heck

REUTERS/Handout/Purdue University/Hokkaido University/University of Delaware

Struktur des Antibiotikums Vancomycin, das mittels Kreuzkupplung produziert wird.

Foto: Alan Bunch University of Kent

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Akira Suzuki verabschiedet sich von seiner Frau Yoko, nachdem er erfahren hat, dass er den Nobelpreis gewonnen hat und eine Pressekonferenz geben muss.

Foto: Yomiuri Shimbun, Takahiro Yamamoto/AP/dapd

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Ei-ichi Negishi erklärte nach der Bekanntgabe: "Ich habe bewusst keine Patente auf meine Entdeckungen angemeldet. Es sollen sich möglichst viele Menschen frei fühlen, nach sinnvollen Anwendungen dieser Forschungsergebnisse zu suchen."

Foto: Darron Cummings/AP/dapd

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Richard F. Hecks erste Gratulantin war seine Frau Socorro.

Foto: Bullit Marquez/AP/dapd

Stockholm - Der diesjährige Nobelpreis für Chemie geht an ein Trio: Den US-Amerikaner Richard F. Heck und den Japaner Ei-ichi Negishi (beide an Universitäten in den USA tätig) sowie den Japaner Akira Suzuki von der Universität in Sapporo. Sie werden für "große Kunst im Reagenzglas" im Bereich der sogenannten Kreuzkupplung ausgezeichnet.

Drei Namen, drei Methoden

Jeder der drei "Molekülbauer" habe neue, effizientere Wege entwickelt, mit Hilfe von Palladium als Katalysator Kohlenstoffatome zu verbinden, um die komplexen Moleküle zu bauen, die unser alltägliches Leben verbessern, lautete die Begründung der Königlich-Schwedischen Akademie der Wissenschaften. Die Einsatzmöglichkeiten der Verbindungen, die mit den drei nach dem jeweiligen Forscher benannten Kreuzkupplungsmethoden geschaffen werden, reichen von der Medikamentenentwicklung über die Landwirtschaft bis zur Elektronik.

Die sogenannte Palladium-katalysierte Kreuzkupplung stellt Chemikern ein präzises und effizientes Werkzeug zur Verfügung, wie das Nobelpreiskomitee seine Auszeichnung begründete. Die drei Nobelpreisträger Richard Heck, Ei-ichi Negishi und Akira Suzuki entwickelten Ende der 1960-er und 1970-er Jahre diese Reaktionen, die nach ihnen benannt wurden: Die Heck-Reaktion, die Negishi-Kupplung und die Suzuki-Kupplung. Dabei fungieren Atome des Metalls Palladium gleichsam als Verkuppler zwischen den Kohlenstoffatomen, die sonst keine Verbindung eingehen würden.

Entscheidender Fortschritt

Schon alleine aufgrund der extrem breiten Anwendungspalette dieser Forschungen erachtet der Chemiker Marko Mihovilovic vom Institut für Angewandte Synthesechemie der Technischen Universität (TU) Wien die diesjährige Auswahl der Nobelpreis-Kommittees als verdiente Wahl. Bevor die drei Laureaten ihre Syntheseverfahren entwickelten und veröffentlichten, sei der Aufbau von komplexen Kohlenstoffverbindungen im Reagenzglas stark eingeschränkt gewesen, erklärt. Teilweise musste man, um die Verbindung von Kohlenstoffatomen untereinander zu erreichen, "sehr ruppige" Methoden, etwa hohe Temperaturen, einsetzen, was wiederum sensible Bereiche in den Molekülen zerstörte.

Durch den Einsatz des Katalysators Palladium wird die Aktivierungsenergie zur Verbindung der Atome deutlich gesenkt und damit im Idealfall schon bei Zimmertemperatur möglich. So konnten erstmals komplexe Moleküle aus der Natur nicht nur nachgebaut, sondern je nach Wunsch und Einsatzgebiet verändert und optimiert werden.

Zahlreiche Anwendungsgebiete

Beispiel für solche Entwicklungen ist etwa die Substanz Diazonamid, die ursprünglich aus Seescheiden gewonnen wurde und Wirksamkeit gegen Darmkrebszellen zeigt. Auch Dragmazidin F, das in Labortests sowohl gegen Herpes- als auch gegen HI-Viren wirkt, stammt von einem Meerestier, einem Schwamm. "Oft wird die grundsätzliche Wirkung solcher Substanzen zufällig entdeckt und muss dann aber noch für den jeweiligen Zweck künstlich angepasst werden. Dabei helfen die Methoden der Palladium-Katalyse", so der Wissenschafter.

Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Naturstoffe in der Regel für andere Wirkungen entstehen, als jene, die der Mensch dann nutzt. "Eine Weide hat sicher kein Kopfweh, dennoch gewannen wir aus ihrer Rinde das Vorbild für das Schmerzmittel Acetylsalicylsäure (ASS)", sagte der Chemiker. Teilweise sind Modifikationen von Wirkstoffen aber auch nötig, weil Krankheitserreger wie Bakterien Resistenzen gegen die ursprünglichen Substanzen entwickelt haben. Die Methoden der drei Nobel-Laureaten erlauben aber nicht nur die grundsätzliche Herstellung von komplexen organischen Molekülen, sie gestatten dies auch im großen Stil in der automatisierten, industriellen Fertigung. So wird etwa die Heck-Reaktion benutzt, um das antientzündliche Medikament "Naproxen" oder das Asthmamittel "Montelukast" im großen Stil herzustellen.

Und auch in der Elektronik haben die Synthesemöglichkeiten neue Türen aufgestoßen. So ermöglichten sie etwa die Entwicklung von organischen, also auf Kohlenstoffatomen basierende Licht emittierende Dioden (LED).

Hintergrund

Richard Heck (geboren 1931) ist emeritierter Professor von der University of Delaware in Newark (US-Bundesstaat Delaware). Der Japaner Ei-ichi Negishi (geboren 1935) ist Professor für Chemie an der Purdue University in West Lafayette (US-Bundesstaat Indiana). Sein Landsmann Akira Suzuki (geboren 1930) ist emeritierter Professor an der Hokkaido University in Sapporo (Japan).

Der Preis ist mit zehn Millionen Kronen (umgerechnet 1,080 Millionen Euro) dotiert und wird am 10. Dezember, am Todestag des 1896 gestorbenen Preisstifters, verliehen. Im Vorjahr ging der Nobelpreis für Chemie zu gleichen Teilen an den in Großbritannien tätigen US-Bürger Venkatraman Ramakrishnan, den US-Forscher Thomas A. Steitz und die israelische Wissenschafterin Ada E. Jonath. Sie wurden für Arbeiten zur Klärung von Struktur und Funktion von Ribosomen, den Protein-Fabriken der Zellen, ausgezeichnet. (red/APA)