Löcher in den Bilanzen soll es von den systemrelevanten Schweizer Großbanken Credit Suisse und UBS künftig nicht mehr geben. Helfen sollen neue Vorschriften für das Eigenkapital und Pflichtwandelanleihen.

Foto: Standard/Matthias Cremer

Durch eine Eigenkapitalquote von 19 Prozent sollen die Schweizer Großbanken Credit Suisse und UBS künftig keine Liquiditätsprobleme mehr haben. In Zeiten der Not sollen Pflichtwandelanleihen den Kapitalpolster füllen.

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Zürich/Wien - Finanzielle Turbulenzen soll es bei den Schweizer Großbanken Credit Suisse und UBS künftig nicht mehr geben. Denn die beiden systemrelevanten Banken sollen deutlich mehr Eigenkapital halten müssen als in internationalen Vorschriften gefordert wird. Eine von der Regierung eingesetzte Experten-Kommission (aus Vertretern der Großbanken, der Schweizerischen Nationalbank und der Bankenaufsicht) hat eine Eigenmittelquote von rund 19 Prozent der risikogewichteten Aktiva gemäß Basel III vorgeschlagen. Zusätzlich gilt: Das Eigenkapital muss mindestens fünf Prozent der Bilanzsumme ausmachen.

Für die beiden Banken sei es kein Problem, diese Quote - wie vorgegeben - bis 2018 zu erfüllen. Das sagten die Chefs der beiden Institute am Montag. Eine Quote von zehn Prozent soll in hartem Eigenkapital (etwa einbehaltene Gewinne) gehalten werden müssen. Für die restlichen neun Prozent können die Banken Pflichtwandelanleihen ausgeben.

Cocos als Sicherheitspolster

In der Fachwelt heißen solche Anleihen Contingent Convertible Bonds - kurz Cocos. Die Konstruktion ist weniger exotisch als sie klingt: Die Anleihen werden automatisch in Eigenkapital gewandelt, wenn das bestehende harte Eigenkapital durch Verluste angenagt ist und auf eine vorher definierte Quote sinkt. Im Fall UBS und Credit Suisse liegt diese Quote bei sieben Prozent. Die Inhaber der Anleihen werden automatisch zu Aktionären und müssen unter Umständen Verluste mittragen.

Die Schweizer Vorschläge gehen deutlich über die Vorgaben von Basel III hinaus, das eine harte Eigenkapitalquote von sieben Prozent bis Ende 2018 und eine Gesamtkapitalquote von 10,5 Prozent vorsieht.

Auf andere Banken würden die neuen Regeln für UBS und Credit Suisse keinen Druck ausüben, sagt Hans Geiger, emeritierter Professor am Institut für schweizerisches Bankwesen der Uni Zürich. "Es wäre aber wünschenswert, wenn international dadurch ein Druck entsteht und andere Länder ähnlich für ihre Großbanken vorsorgen, sagt Geiger zum Standard. Das Konzept, risikogewichtete Aktiva besser abzusichern, sei jedenfalls richtig. Die Cocos bezeichnet der Experte "als richtiges Instrument, um komplexe Probleme mit einfachen Regeln zu lösen" .

Unterschiedliche Auffassungen gibt es hingegen darüber, wie gut solche Anleihen vom Markt aufgenommen werden und wie hoch diese Papiere verzinst sein müssen, um Investoren zu gewinnen. Der Schweizer Franken-Obligationenmarkt gilt als nicht sehr liquide und wird von konservativen Anlegern dominiert.

Eine höhere Kapitalausstattung allein greift nach Ansicht der deutschen Finanzaufsicht (Bafin) zu kurz. "Das ist nicht der Weisheit letzter Schluss" , sagte Bafin-Chef Jochen Sanio am Montag bei einer Regulierungskonferenz in London. Die Aufsichtsbehörden brauchten einen Werkzeugkasten mit Maßnahmen, wie sie Banken stärker an die Kandare nehmen können.

In diesen Tenor stimmt auch Bankenprofessor Geiger, denn man wisse nie, wie es bei einer nächsten Krise laufe. Das Finanzsystem leide noch immer, strukturelle Ursachen seien noch nicht behoben. Die Lage einiger Staaten habe sich zudem verschlechtert. (bpf, Reuters, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5.10.2010)