Die Parteien werben auf Deutsch - nur die Stadt Wien fordert mehrsprachig zur Stimmabgabe auf: Neben deutschsprachigen Inseraten gibt es Anzeigen auf Türkisch ...

Foto: Stadt Wien

... sowie auf Bosnisch/Kroatisch/Serbisch.

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Serbische, kroatische oder türkische „Communities" sind längst im Visier der politischen Parteien: Keine wahlwerbende Bewegung, die sich nicht um zielgruppen-spezifische werbung bemüht. Doch die Ethnomedien-MacherInnen sind enttäuscht: Weit unter den Erwartungen liege der Inserate-Eifer der Parteien heuer, lautet das Echo.

„Die meisten Medien haben sich mehr erwartet", glaubt Nenad Stevanovic von der Wiener Agentur Ethnomarketing. Manche hätten den Redaktionsschluss extra verschoben, um mitten im Wahlkampf zu erscheinen, und so die Chance auf Partei-Anzeigen im Blatt zu erhöhen. Doch vergeblich: „Nur die SPÖ hat bei uns inseriert, sagt Yetkin Bülbül, Herausgeber der konservativen türkischen Zeitung Yeni Hareket, die seit kurzem bei der Österreichischen Auflagenkontrolle (ÖAK) gelistet ist. 

Enttäuscht

Das Blatt, das normalerweise zur Monatsmitte erscheint, hat seine aktuelle Ausgabe schon am 5. Oktober auf den Markt geworfen - kein schlechter Zeitpunkt für Parteien, um in den Communities noch einmal kräftig die Werbetrommel zu schlagen. Dennoch: „Weder ÖVP noch die Grünen haben inseriert", zeigt sich Bülbül enttäuscht. Die Zurückhaltung der ÖVP könne er noch verstehen - „schließlich haben wir uns ziemlich kritisch darüber geäußert, dass heuer kein einziger türkischstämmiger Kandidat an wählbarer Stelle ist." Anders bei den Grünen: „Die Grünen sind ja grundsätzlich den Migranten näher. Warum sie so wenig Geld für Migrantenmedien ausgeben, verstehe ich wirklich nicht."

"Respektiere die Parteien"

Bei der größeren türkischen Zeitung Yeni Vatan Gazetesi (Neue Heimat Zeitung) will man sich nicht zur Inseratenlage äußern: „Dazu will ich nichts sagen. Nur so viel: Wir haben das Recht, kritisch zu sein, dafür haben die Parteien das Recht, nicht bei uns inserieren. Ich respektiere das", meint Herausgeber Birol Kilic. In der September-Ausgabe des Blattes zeigt sich jedoch eine Tendenz, die in einigen Ethnomedien spürbar ist: Das Anzeigenvolumen einer Partei korreliert deutlich mit der Häufung von Berichten über die jeweilige Partei. So bringt die Zeitung insgesamt fünf Seiten redaktionelle Berichtersatttung über ÖVP-KandidatInnen zur Wien-Wahl - geziert von einem ganzseitigen Inserat der VP-Spitzenkandidatin Christine Marek und einer viertelseitigen Anzeige des Favoritner Bezirksrats Mustafa Iscel. 

Von „gezieltem Portraitieren" bestimmter Parteigrößen spricht auch Nenad Stevanovic: „Der finanzielle Druck ist zum Teil sehr groß. Also sagen viele: ‚ Wenn ich im August etwas über Partei X schreibe, dann kauft sie vielleicht im September eine Anzeige mehr`", sagt der Agenturchef. Im Wahljahr 2010 hätten sich manche sichtlich mehr erhofft. „Die Zeitungen planen zehnseitige Schwerpunkte zum Thema Wien-Wahl, erwarten sich 15 Anzeigen, und dann kriegen sie zwei."

Streng deutschsprachig

Stevanovic spürt den Wandel auch im eigenen Betrieb: Deutschsprachige Inserate für Ethnomedien auf Serbisch, Bosnisch, Kroatisch oder Türkisch zu übersetzen, sei früher noch ein passables Geschäft gewesen. „Im laufenden Wahlkampf haben alle auf Deutsch inseriert - sogar die SPÖ, die immer am engagiertesten war." Nur einzelne Kandidaten mit Migrationshintergrund wagten, für sich in der Muttersprache zu werben - dies aber stets in klein dimensionierten Anzeigen.

Daraus ein sinkendes Engagement bei MigrantInnen-Communities abzulesen, hält Stevanovic aber für falsch: „Die Parteien haben mittlerweile alle Kandidaten mit Migrationshintergrund, die ganz gezielt Veranstaltungen der Communities besuchen." Effektiv sei diese Strategie nicht, glaubt Stevanovic: „Am besten erreicht man Migranten, wenn man sie über ihre eigenen Medien anspricht - und wenn möglich, in ihrer Muttersprache." 

Dennoch setzen die Parteien verstärkt auf persönliche Kontakte. SPÖ, ÖVP, Grüne und das BZÖ besuchen gezielt einschlägige Veranstaltungen türkischer oder serbischer Communities. Nur FPÖ-Spitzenkandidat Heinz Christian Strache konzentriert sich ganz auf die ex-jugoslawischen Gemeinden, und auch hier auf bestimmte Schichten: Beim Besuch in einem Nachtlokal, das großteils von Angehörigen ex-jugoslawischer Communities besucht wurde, begrüßte er via Kamera die anwesenden „Serben und Kroaten", ließ die BosnierInnen aber geflissentlich aus.

Strache "will nur akquirieren"

Für Straches Ambitionen bei WählerInnen mit serbischem und kroatischem Hintergrund würde sich eine Kampagne im relativ auflagenstarken Magazin KOSMO anbieten, das auf Bosnisch/Serbisch/Kroatisch erscheint. Hier finden sich in der aktuellen Ausgabe zwar je ein SPÖ- und ein ÖVP-Inserat, aber keine FPÖ-Anzeige. Eine bewusste Abgrenzung zur FPÖ verfolge man nicht, betont KOSMO-Herausgeber Dejan Sudar, erklärt aber, Strache sei „kein Vertreter der Community." Das beabsichtige der FPÖ-Chef auch gar nicht sein, glaubt Sudar: „Er will die Menschen nur akqurieren - und zwar mit Gratis-Bier." (Maria Sterkl, derStandard.at, 5.10. 2010)