Seit zehn Jahren versuchen Alexandra Schmidt und ihre Mitstreiterinnen, Politik und Verwaltung Wege aus der Frauenarmut zu zeigen.

Foto: dieStandard.at/Markus Peherstorfer

Salzburg - Ob Landeshauptfrau, Kindergarten-Landesrätin, Sozialamtsleiterin oder AMS-Chef - wer im Bundesland Salzburg Verantwortung für sozial- und arbeitsmarktpolitische Entscheidungen übernimmt, kommt nicht am Frauenarmutsnetzwerk vorbei. In regelmäßigen Treffen laden die etwa zwei Dutzend beteiligten Beratungseinrichtungen und Institutionen EntscheidungsträgerInnen zu einem Runden Tisch - und zeigen auf, welche konkreten Verbesserungen möglich wären.

EntscheidungsträgerInnen sensibilisieren

Die Initiative dazu ging von den Frauenbüros von Stadt und Land Salzburg sowie der Arbeiterkammer aus. Am Mittwochabend wurde nach knapp 50 Treffen das 10-Jahres-Jubiläum gefeiert. Alexandra Schmidt vom Frauenbüro der Landeshauptstadt ist von Beginn an dabei. Es gehe vor allem um Sensibilisierung, sagt sie: "Wir wollen dafür sorgen, dass das, was die Beraterinnen in der tagtäglichen Arbeit erleben, direkt auch bei den Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern ankommt."

Dass Frauenarmut in einem reichen Land wie Österreich ein Problem ist, untermauern die Zahlen: Zwölf Prozent der Österreicherinnen im erwerbsfähigen Alter gelten als armutsgefährdet, weil ihr monatliches Einkommen unter der Armutsgefährdungsschwelle von etwa 950 Euro (für einen Einpersonenhaushalt) liegt. Das sind um zwei Prozentpunkte mehr als bei den Männern. Noch schlechter sieht es für Pensionistinnen aus - sie sind zu 17 Prozent armutsgefährdet, Männer dagegen nur zu zwölf Prozent. Unter den allein lebenden Pensionistinnen sind 24 Prozent armutsgefährdet, unter den Alleinerzieherinnen gar 29 Prozent.

Trennung, Jobverlust, Kinder

Wodurch landen Frauen in Armut? "Die Faktoren sind die gleichen wie schon vor zehn Jahren", sagt Schmidt: "Trennung, Scheidung, ein Arbeitsplatzverlust, Kinderbetreuungspflichten, hohe Ausgaben für alltägliche Dinge." Speziell in der Stadt Salzburg kämen noch die exorbitanten Wohnkosten dazu, am Land schlagen hohe Ausgaben für Mobilität zu Buche.

Auch wenn betroffene Frauen bei den Treffen mit EntscheidungsträgerInnen nicht mit am Tisch sitzen, fließen ihre Anliegen in die Gespräche mit ein, "weil einzelne Fälle als Beispiele dafür herangezogen werden, wo das Problem liegt", sagt Schmidt. "Wenn man einem Entscheidungsträger gegenüber sitzt, kann man einfach sagen: Bei mir häufen sich diese und jene Fälle, hier gibt es ein Problem, da könnten Sie in Ihrem Ressort etwas dagegen tun."

Kleine Schritte vorwärts

Einiges konnten die Frauen im Netzwerk in den vergangenen zehn Jahren schon erreichen: So gibt es jetzt in der Salzburger Notschlafstelle einen eigenen Frauenbereich, und die Aktion Leben hat im Kolpinghaus eine Wohn- und Betreuungsmöglichkeit für junge Mütter eingerichtet, die ihre Ausbildung abschließen wollen. Die neue Außenstelle der Schuldenberatung in Zell am See kommt armutsgefährdeten Frauen ebenso zu Gute wie fünf neue Übergangswohnungen für Frauen mit Kindern nach einer Trennung in der Landeshauptstadt.

An einigen anderen Punkten hat das Frauenarmutsnetzwerk sich bisher die Zähne ausgebissen: "Ein harter Brocken ist sicher die Anrechnung des Partnereinkommens bei der Notstandshilfe", sagt Schmidt. Außerdem gebe es immer wieder Probleme beim Zugang zu Sozialleistungen für Migrantinnen, "weil der immer abhängig ist von ihrem Aufenthaltsstatus, und da gibt es so viele verschiedene". Auch die Kosten für Psychotherapie und die Betreuung von Müttern mit psychischen Beeinträchtigungen stellen betroffene Frauen vor ungelöste Probleme.

Mehr Druck in der Öffentlichkeit

In Zukunft will das Netzwerk stärker auch an die Öffentlichkeit gehen, um so den Druck für Veränderungen zu steigern. Inhaltlich werden die Frauen sich in nächster Zeit mit ersten Erfahrungen mit der Mindestsicherung auseinander setzen, mit angemessenem Wohnen für Frauen mit Kindern und mit dem Zugang von Migrantinnen zu Geld- und Gesundheitsleistungen. Aber auch die geplanten Kürzungen beim Pflegegeld, die gemeinsame Obsorge, Psychotherapiekosten und die Qualität der Kinderbetreuung stehen auf der Agenda.

"Toll wäre es, wenn wir keine 20-Jahres-Ferier erleben würden", sagt Schmidt - "wenn die Armutsgefährdung von Frauen deutlich unter zehn Prozent wäre und wenn die Einkommen existenzsichernd wären." Bis dahin wird das Netzwerk weiterkämpfen. (Markus Peherstorfer, dieStandard.at, 01.10.2010)