Bild nicht mehr verfügbar.

Video: „Learn how to spot Fake Intenze Ink"

Foto: APA/Heiko Wolfraum

Schwarz oder bunt? Eine Frage mit der sich der Kunde beschäftigt, sobald der den Entschluss gefasst hat seinen Körper mit einem permanenten Tattoo zu verzieren. Ist diese Entscheidung gefallen, und auch Studio und Motiv sind gewählt, dann wird mit Hilfe von Nadeln Farbe in die Epidermis (Oberhaut) und die darunterliegende Dermis (Lederhaut) eingebracht. Warum das Tattoo nicht verblasst bzw verschwindet? „Die Farbpigmente sind einfach zu groß", weiß Wolfgang Bäumler, Medizinphysiker an der Universität Regensburg in Deutschland. Im Detail kumulieren die ursprünglich feinen Partikel zu Kristallen und werden dann von Makrophagen vernascht. „Diese Fresszellen sind irgendwann zu groß, sodass sie sich mit ihrer Ladung einfach nirgends mehr hinbewegen können", so Bäumler.

Das Tattoo bleibt also ein Leben lang, allerdings nicht ausschließlich an Ort und Stelle. „Wer sich ein schwarzes oder rotes Motiv am Oberarm stechen lässt, hat ebenso bunte Lymphknoten in der Achselhöhle und verschiedenste Substanzen auch in der Leber und Milz", weiß der deutsche Experte. Während die aufgefressenen Farbkristalle in der Haut verweilen, wandern andere winzige Bestandteile der Tätowierfarben durch den Körper, werden verstoffwechselt und mehr oder weniger erfolgreich eliminiert. Um welche Substanzen geht es konkret?

Azopigmente und Polyaromate

Wissenschaftliche Untersuchungen der Klinik für Dermatologie an der Universität in Regensburg vor einigen Jahren haben ergeben, dass Tätowierer häufig Farben verwenden, die für das Einbringen in die Haut eigentlich gänzlich ungeeignet sind. Bei der chemischen Analyse zahlreicher Tätowierfarben wurden unter anderem Substanzen gefunden, die der Herstellung von Autolacken, Schreibtinten oder Druckerpatronen dienen.

„Azopigmente, wie sie auch in Autolacken verwendet werden, finden sich vor allem in bunten Tätowierfarben wieder, während in schwarzen Farben neben Russpartikeln häufig verschiedene polyaromatische Verbindungen, wie Benzopyrin enthalten sind", erklärt Bäumler. Von der krebserregenden Wirkung der Polyaromate weiß man, ebenso ist bekannt, dass auch bestimmte Spaltprodukte der Azopigmente eine kanzerogene Wirkung besitzen. „Für eine mögliche Gesundheitsgefährdung ist allerdings die eingebrachte Menge von Bedeutung", so der deutsche Experte.

Verlass auf den Hersteller

Dem Tätowierten und Tätowierer bleibt die genaue Zusammensetzung von Tätowierfarben jedoch verborgen. „Auf jedem Schokoriegel im Supermarkt steht mehr drauf, als auf den Flaschen, die in Tätowierstudios herumstehen", kritisiert Bäumler dieses Informationsdefizit. In Deutschland gibt es seit Mai 2009 den ersten Versuch einer Lösung dieses Problems: Eine Tätowiermittelverodnung wurde erlassen, die eine sogenannte Negativliste beinhaltet. Darin ist vermerkt, welche Substanzen in Tätowiermitteln nicht vorhanden sein dürfen. Der Weisheit letzter Schluss ist auch diese Verfügung allerdings nicht, da die Liste laut Bäumler nicht vollständig ist.

In Österreich ist die Situation noch unbefriedigender als im benachbarten Deutschland: „Die Verwendung von Tätowierfarben ist über die Produkt-Richtlinie geregelt. Der Tätowierer agiert eigenverantwortlich und verlässt sich dabei auf den Hersteller, dass Produkte, die er auf den Markt bringt nicht gesundheitsschädigend sind", weiß Karin Gromann vom Bundesministerium für Gesundheit, Abteilung Lebensmittel- und Konsumentensicherheit.

Vom Labor direkt zum Kunden

Während jedoch Kosmetika in klinischen Studien auf negative gesundheitliche Auswirkungen genau überprüft werden, sind Tätowierfarben reine Laborprodukte, die unmittelbar in den Handel und damit zum Verbraucher gelangen. „In Deutschland wurde die Verwendung vieler Azopigmente für bunte Lippenstifte verboten", weiß Bäumler. Was genau auf die Haut aufgetragen werden darf und was nicht, ist auch in Österreich weitgehend über die EU- Kosmetikrichtlinie geregelt. Was in die Haut hineingespritzt wird, ist paradoxerweise offenbar jedem egal. Und da kausale Zusammenhänge zwischen der Entstehung von Krebs und der Verwendung von Tätowierfarben ohne repräsentative Kohortenstudien schwer zu beweisen sind, wird sich an der gesetzlichen Lage in Österreich in absehbarer Zeit wohl auch nicht viel ändern. 

Nun: Jeder Mensch hat die freie Wahl, sich für oder gegen ein Tattoo zu entscheiden. Und Tätowierer vertrauen darauf, dass die Tätowierfarben, die sie verwenden den gesetzlichen Vorschriften hinsichtlich Reinheit und Qualität entsprechen.

Original oder Fälschung?

Vertrauen ist gut, Kontrolle wäre aber noch besser. Das beweist auch eine Kampagne, die im August dieses Jahres von der amerikanischen Firma Intenze Products gestartet wurde, um auf gefälschte Tätowierfarben aufmerksam zu machen. Von vorwiegend asiatischen Firmen angeboten, bergen diese Fälschungen angeblich ein besonders hohes Gesundheitsrisiko. Der weltweit größte Tätowierfarbenhersteller Intenze Products Inc. hat deshalb ein Video gedreht, um Kunden darüber zu informieren, wie das Original von der Fälschung unterschieden werden kann. Darüber hinaus wird empfohlen ausschließlich von autorisierten Händlern Produkte zu erwerben. 

Angst, ihren Kunden Schaden zuzufügen hat Monika Weber, Besitzerin des Tatoostudios "Happy Needles" in Wien keine: „Kurzfristige Probleme, wie Wundheilungsprobleme, sind selten und treten eigentlich nur auf wenn der Kunde das Tattoo nach dem Tätowieren nicht sorgfältig pflegt". Eventuellen langfristigen gesundheitlichen Folgen begegnet die Tätowiererin gelassen, kauft sie ihre Tätowierfarben doch ausschließlich bei Herstellern, die zertifizierte Farben anbieten.(derStandard.at, 13.10.2010)