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Wien - Die FPÖ hat wieder anlässlich eines Wahlkampfs zur Feder gegriffen und Sprechblasen unters Volk gebracht: In einem Heft versammeln die Wiener Freiheitlichen "Sagen aus Wien", durch Comic-Elemente ergänzt. Dass anlässlich der Türkenbelagerung 1683 ein gezeichneter Partei-Obmann Heinz-Christian Strache einen kleinen Buben auffordert, dem "Mustafa" mit der Steinschleuder eine "aufzubrennen", empörte prompt die Grünen: Die Wiener Spitzenkandidatin Maria Vassilakou sah den Versuch, "Kinder aufzuhetzen". Die Grünen wollen am Montag Anzeige bei der Staatsanwaltschaft einbringen. FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl verwies auf Anfrage auf "alte Sagentexte" ohne aktuelle Bezüge.

"Leiwand, voll auf's Nudelaug!"

Recht detailliert wird von der Türkenbelagerung Wiens im Jahr 1683 erzählt, illustriert von Comics, in denen ein türkischer Feldherr unter anderem "ÜX-Large Münarette müt Hülbmünd" für den Stephansdom plant. Da greift "HC Strache", Retter in Blau, ein: "Wannst dem Mustafa ane aufbrennst, kriagst a Hasse spendiert", sagt er zu einem Buben. Der betätigt die Steinschleuder und kann einen Erfolg vermelden: "Leiwand, voll auf's Nudelaug! - I nimm a Burenhäutl mit an siaßen Senf und an Buckl, HC!" Eine Karikatur von Bürgermeister Michael Häupl kann da nur grimmig zuschauen und finster murmeln: "Mir is wurscht, wenn die Türken kommen (...)."

Vassilakou: "Türkenfeindlich"

Ausgesprochen "türkenfeindlich" sei das, empörte sich Vassilakou, doch vor allem störe sie, dass "ein Politiker Kinder dazu aufstachelt, mit Steinen auf andere Kinder zu werfen - denn am Ende sind es andere Kinder, die mit Steinen beworfen werden." Daher findet sie die Publikation schlicht "absolut widerlich" und den "ultimativen Beweis dafür, dass diese Partei in den Mistkübel der Geschichte gehört, wo sie offenkundig ständig herumwühlt." Man werde anhand der Passage bzw. des Comic-Sujets Anzeige wegen Verhetzung erstatten, hieß es am Sonntag. Die Grünen sind der Ansicht, dass der Straftatbestand der Verhetzung erfüllt ist.

Es sei offensichtlich, dass Strache einen Jugendlichen dazu motiviere, "einem anderen namens Mustafa mit der Steinschleuder eine Körperverletzung zuzufügen" und ihm dafür eine Belohnung verspreche, so die Grünen. "Auch wird die Türkenbelagerung von Wien einem EU-Beitritt der Türkei gleichgestellt bzw. der EU-Beitritt der Türkei als moderne und erfolgreiche Türkenbelagerung dargestellt", heißt es in der Anzeige.

Auch die SPÖ hat massive Kritik an dem Comic geübt. "Dieses Hassblatt, das von der FPÖ an junge Menschen versandt wurde, ist reine Menschenhetze und der bewusste Versuch, das Klima in Wien zu vergiften. Es ist eine klare Anstiftung zu Gewalttaten hier und jetzt, ein bewusstes Spiel mit dem Feuer", hatte der Wiener SPÖ-Landesparteisekretär Christian Deutsch am Samstag konstatiert.

Kickl: "Mustafa steht nicht für Türken"

Für Kickl handelt es sich bei dem Heft, das laut "Salzburger Nachrichten" vom Samstag primär an Jungwähler gerichtet ist, einfach um eine "Auswahl Wiener Sagen", die man jeweils mit dem "Text der Originalsage" abgedruckt habe. Die Comics würden "in der einen oder anderen Sprechblase" einen aktuellen Bezug herstellen. Der "Mustafa" aber stehe nicht allgemein für Türken, sondern beziehe sich auf "Kara Mustafa, der Heerführer der Türken vor Wien war", ergänzte er in einer Aussendung. Und überhaupt: Der Kampf zwischen Wienern und Türken im Jahr 1683 habe "bei weitem schrecklichere und intensivere Ausmaße gehabt als den im Comic dargestellten Treffer aus einer Steinschleuder".

Ob nun 1693 oder 2010, nicht nur die Türken bekommen in den Sagen-Illustrationen ihr Fett weg. Der Basilisk etwa ist ein rot-grünes Ungetüm, der Leibhaftige in der Geschichte vom Stock im Eisen ist ein Abgesandter der "Roten". Das "Donauweibchen" dagegen ist ein hartgesottener Strache-Fan und hofft, das eines Tages "die ganze Stadt" blau wie die Donau wird.

Nicht der erste Comic

Die FPÖ hat sich wiederholt im Comic-Metier versucht. Dass Straches Alter Ego namens "HC Man" im EU-Wahlkampf 2008 auf Kosten des Freiheitlichen Bildungsinstitut gegen die EU-Bonzen kämpfte ("Der blaue Planet"), beschäftigte in der Folge den Förderbeirat für die Parteiakademien und war mit ein Auslöser für die kürzlich auf den Weg gebrachte Reform der Förderung für Partei-Bildungsinstitute. Das nun erschienene Kompendium Wiener Sagenschätze wurde indes laut Impressum von der FPÖ Wien herausgegeben. (APA)