Grammelknödel mit Sauerkraut.

Foto: Thomas Schauer/Christian Brandstätter Verlag

Herausforderung: Kalbstartar-Stanitzel in der Berg-Birke.

Foto: Thomas Schauer/Christian Brandstätter Verlag

Auch wenn in blumigen Worten von "erhabenen Berggipfeln" und "majestätischem Gebirge", von "trauter Zweisamkeit" und dem "ersehnten Ausgleich für die Seele" geschwärmt wird, passen die Rezepte aus dem "Hüttenkochbuch" der Brüder Winkler in jede Metropole und sind zum überwiegenden Teil alltagstauglich.

"Vier Hände, zwei Köpfe, eine Küche"

Seit zehn Jahren führen Christian und Markus Winkler das "Schindlhaus" in Tirol unter dem Motto "vier Hände, zwei Köpfe, eine Küche". Ausgezeichnet wurden sie mit der Trophée Gourmet A la Carte in der Kategorie "Beste Österreichische Küche" und drei Gault-Millau-Hauben. Die Brüder repräsentieren die vierte Generation einer Gastronomen-Familie, arbeiteten in Restaurants der Spitzengastronomie und ließen sich von der Küche der Gebrüder Obauer, von Hans Haas (Tantris, München) oder dem Restaurant Taubenkobel in Schützen inspirieren.

Die zünftige Jaus‘n

Regionale Speisen und Zutaten sind für die Winklers das "Um und Auf". Die Rezepte im Hüttenkochbuch sollen "für die gehobene Hüttengaudi" taugen, bodenständig und saisonal sein, aber dennoch Raum für Experimente mit Gewürzen aus aller Welt lassen. Keine leeren Versprechen: Im Buch finden sich neben Hüttenklassikern, bunte Eigenkreationen und internationale, kraftspendende Bergnahrung.

Da die Bewegung oberhalb der Baumgrenze nach erhöhter Energiezufuhr verlangt, muss es die richtige Jaus'n sein: Kletzenbrot, Espressokugeln oder Vollkorn-Nussriegel sind gut transportierbar und spenden Kraft. Auch Brot spielt eine tragende Rolle, so lässt sich etwa aus selbst gebackenem Nussbrot ein leuchtend-lila Jausenbrot fabrizieren: Lammleberaufstrich mit Heidelbeeren lautet das Geheimnis für die knallige und gekühlt zwei Wochen haltbare Farbenpracht.

Gefüllte Wiesenchampignons, Rahm- und Grießsuppe

Unter den Vorspeisen finden sich Kreationen wie "marinierte Lachsforelle mit Endivien-Kartoffelsalat" oder "Steirische Käferbohnen mit roh mariniertem Rinderrücken", wobei sich das "Hütten-Österreichisch" in der Benennung der Speisen offenbar nicht durchsetzen konnte. Bodenständig, gut und günstig die "Grießsuppe mit Ei", die "Steirische Rahmsuppe" und die "Zwiebel-Knoblauchsuppe" - im traditionellen dunkelroten Emaille-Topf gekocht. Die "Würzige Gulaschsuppe" dürfte ihren Namen der zusätzlichen Zugabe von Schildkrötengewürz verdanken.

Für die Kalbstartar-Stanitzeln ist handwerkliches Können gefragt und die Platzierung in einem Birkenstamm kann Profis überlassen bleiben. Wer auf der Hütte an Langweile leidet, darf sich auf die Suche nach Wiesenchampignons begeben, diese aushöhlen und mit Bergkäse und Petersilie füllen. Dazu gibt's Spinatsalat und Schnittlauchsauce.

"Topfen-Kräutertascherl", "Karamellisierte Krautfleckerl"

Unter den Hütten-Klassikern findet sich das (die?) "Topfen-Kräutertascherl", "Karamellisierte Krautfleckerl", "Faschierte Kalbsbutterschnitzerl", aber auch "Gebackenes Ziegenkitz" oder "Lasagne mit Rucola". Die Zubereitung regionaler Fische liegt den Winklers in Form von "Bachforelle mit Zitronenthymiansauce", "Kirchbichler Lachsforelle mit Roten Rüben" oder "Geschmorter Waller mit Linsen" am Herzen. Eigenkreationen sind "Lackierte Bauernente", "Kalbstafelspitz in Thymian und Minze", "Geschmortes Ochsenwangerl" oder "Kalbsleber mit Kartoffelpüree".

Der Köche Mutter

Der Kaiserschmarren ist ein Hütten-Gesetz, begleitet wird er gar von Rumrosinen. Die Erleichterung ist groß, hat doch auch der Riesen-Germknödel mit Vanillesauce seinen zweiseitigen Platz im Buch. Milchrahm-, Weichsel- und Apfelstrudel werden durch "Gestockte Buttermilch mit Kakaobröseln" oder "Himbeernocken mit Äpfelpaz" ergänzt.

Jeder Koch hat eine Mutter und die Winklers ehren die ihre in Form des "Schokolade-Becherkuchens Mama Winkler" sowie der "Apfelpalatschinke Mama Winkler". Bei letzterer handelt es sich um eines von sechs Kraftfrühstücken. Auch das "Würzige Rindsgulasch" wird als Start in den bergsportlichen Tag empfohlen.

Am Ende des Buches geben die Autoren ihre persönliche Lieblingshütten-Liste für Österreich, Deutschland, Italien/Südtirol und die Schweiz preis. (tin, deStandard.at, 11.10.2010)