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"Vier Wochen sind eine lange Zeit": Einige Schiiten äußerten sich beim Oppositionstreffen enttäuscht über die Vertagung der Regierungsbildung. Sie hofften auf konkrete Schritte

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Bagdad/Wien - Mike O'Brien zum Beispiel, Staatssekretär im britischen Außenministerium, war ganz angetan. "Ich glaube, dieser Prozess wird ein Ergebnis bringen", sagte der Brite nach dem ersten irakischen Politikertreffen in Bagdad, das nach drei Jahrzehnten Diktatur zu eine Regierung führen sollte. "Es ist faszinierend, die Geburt einer Demokratie zu beobachten." Ein anderer Regierungsvertreter aus London war zurückhaltender: "Die Ideen sind unausgeformt. Es war nicht der disziplinierteste Auftritt." Abgeschirmt von Medien und protestierenden Schiiten saßen am Montag zehn Stunden lang an die 300 handverlesene Iraker - Exilpolitiker wie lokale Führer - auf Einladung der Besatzungsmächte USA und Großbritannien in einem Konferenzsaal im Bagdader Regierungsviertel (zumindest nach Darstellung der Washington Post soll es der Sitzungssaal gewesen sein, den Saddam Husseins Parlaments nutzte). Danach war die Unklarheit über die allernächsten Schritte bei der politischen Neuordnung des Irak nur noch größer.

Ursprünglich wollte Garner in dieser Woche eine "Übergangsverwaltung" vorstellen "mit irakischen Gesichtern" und "regiert von Irakern". Per Handabstimmung entschieden die Delegierten nun aber nach einer chaotisch verlaufenen Debatte lediglich, sich in einem Monat noch einmal zu treffen. Dann würde eine "nationale Konferenz" in einem möglicherweise mehrtägigen Prozess und nach dem Vorbild der Bonner Afghanistankonferenz im Dezember 2001 eine "Übergangsregierung" oder eine "Übergangsverwaltung" bestimmen - die Begriffe werden nicht auseinander gehalten. Auf dieser Konferenz soll auch entschieden werden, ob die Übergangsregierung von einem Präsidenten oder einem Exekutivrat geführt wird.

Nach den Vorstellungen Garners und des Emissärs des Weißen Hauses, Zalmay Khalilzad, soll die Übergangsregierung den Irakern ein begrenztes Maß an Selbstverwaltung erlauben sowie Verfassung und Regierung vorbereiten. Neben den beiden Amerikanern saßen während der Tagung der britische Staatssekretär O'Brien und Larry Di Rita, der engste Mitarbeiter von US-Verteidigungsminister Rumsfeld.

Die Liste der irakischen Teilnehmer machte die US-Armee nicht publik. Nicht eingeladen waren jedenfalls Kommunisten und schiitische Dawa-Partei, die zwei größten Parteien im Irak vor Saddam. Wann Garners Zivilverwaltung mit ihren drei Regionalchefs, Exgeneral Bruce Moore (Nord), der früheren US-Botschafterin Barbara Bodine (Zentralirak) und dem texanischen Geschäftsmann und Exgeneral Roger Walters (Süd), nun antritt, ist unklar. (mab/DER STANDARD, Printausgabe, 30.4./1.5.2003)