Wien - Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) fordert eine Reform des Bundesrats. Ihren Vorstellungen nach soll die Länderkammer künftig bei weniger Gesetzen mitreden dürfen, dafür dort aber mit einem echten Veto ausgestattet sein. Wenig hält Prammer hingegen vom Vorstoß des niederösterreichischen Landeshauptmanns Erwin Pröll (ÖVP), den Nationalrat zu verkleinern.

Wie die Präsidentin am Dienstag betonte, verschließe sie sich der Diskussion nicht, jedoch müsse man die Konsequenzen bedenken. So würde es bei weniger Abgeordneten wohl auch weniger kleine Parteien geben, läge doch dann die Latte für einen Einzug in den Nationalrat höher. Zudem würde es wohl nur noch Berufspolitiker geben, da eine häufigere Anwesenheit der Mandatare im Parlament erforderlich wäre. Prammer verwies auch darauf, dass man mit 183 Abgeordneten im europäischen Mittelfeld liege.

Prammer für Direktwahl des Bundesrat

Dringenderen Reformbedarf sieht die Nationalratspräsidentin beim Bundesrat. Diesen würde sie mit einer echten Blockade-Möglichkeit bei Materien ausstatten, die die Länder direkt betreffen. Um welche Gesetze es sich dabei handeln sollte, wäre bei einer echten Aufgaben-Reform zu definieren, meinte Prammer. Gesetze, die keinen unmittelbaren Einfluss auf die Länder haben, würde die Präsidentin nur noch vom Nationalrat beschließen lassen. Das gebe es ja heute schon in Einzelfällen, etwa beim Budget. Zusätzlich plädierte Prammer für eine Direktwahl der Bundesräte. Dies könnte gemäß ihren Überlegungen so funktionieren, dass bei Landtagswahlen ein zweiter Stimmzettel für die Vertretung in der Länderkammer aufgelegt wird. Derzeit ist die Beschickung so geregelt, dass der Landtag seine Vertreter für den Bundesrat nach der Stärke der Parteien bei der jeweiligen Landtagswahl entsendet.

Cap: "Möchte auf keinen Abgeordneten verzichten"

Bundeskanzler Werner Faymann und Finanzminister Josef Pröll wollen dem Nationalrat in der Debatte um eine allfällige Verkleinerung nicht ausrichten, was er zu tun habe. "Jeder soll in seinem Bereich über Einsparungen nachdenken", meinte Faymann am Dienstag im Anschluss an den Ministerrat. Pröll hält eine Diskussion für "durchaus zulässig", dies aber nur im Rahmen eines Gesamtkonzepts.

SPÖ-Klubobmann Josef Cap möchte auf "keinen einzigen Abgeordneten verzichten". Er argumentierte dies vor dem Ministerrat gegenüber Journalisten mit dem hohen Arbeitsaufkommen für die Mandatare. "Ich sehe keinen Sinn dahinter, wenn man den Nationalrat verkleinert", so Cap. Eine Halbierung des Parlaments etwa würde auf Kosten der Bürgernähe gehen. Dass es sich hierbei um eine Versorgungsaufgabe für Parteimitglieder handelt, stellte er in Abrede.

Fiedler für Verkleinerung

Der frühere Rechnungshof-Präsident und derzeit Vorsitzende des Österreich-Konvent für eine Staatsreform, Franz Fiedleer, fordert im Ö1-Morgenjournal eine Verkleinerung von Nationalrat, Bundesrat und der Landtage. Dies solle eine politisches Signal in Zeiten des Sparens sein, so Fiedler. Immer wieder fordern Politiker eine Verkleinerung der Vertretungsgremien. So forderte der niederösterreichischen Landeshauptmann unlängst eine Verkleinerung des Nationalrat, Franz Voves tritt im Wahlkampf in der Steiermark für eine Verkleinerung des Landtags ein.

Fiedler geht weiter und tritt für eine Verkleinerung des Nationalrats von mindestens 18 Abgeordneten ein, jedoch sollten es nicht weniger als 100 Abgeordnete sein. Für den Bundesrat sieht Fiedler ein Einsparungspotenzial von derzeit 60 Mitgliedern auf 27 vor.

Niessl für Aufwertung des Bundesrates

Für eine Aufwertung des Bundesrates hat sich am Dienstag der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) ausgesprochen. "Andererseits könnte man den Nationalrat auch reduzieren", so Niessl bei einer Pressekonferenz in Stegersbach. Eine konstruktive Diskussion über eine Verkleinerung des Nationalrates sei genauso angebracht wie eine Diskussion über die Verkleinerung der Landtage und der Landesregierung, meinte Niessl und fügte hinzu: "Ich könnte mir auch vorstellen, dass die Bundesregierung ebenfalls verkleinert wird."

Grüne für Verwaltungsreform

Die Grünen drängen in der Diskussion um eine Verkleinerung des Nationalrats auf eine umfassende Verwaltungsreform. Selbst die Abschaffung des Nationalrats hätte weniger Einsparungspotenzial als die Werbeausgaben der Politiker, meinte Grünen-Bundesgeschäftsführer Stefan Wallner in einer Aussendung. Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) hat sich für eine Aufwertung des Bundesrats ausgesprochen. In Wirklichkeit sei eine umfassende Verwaltungsreform notwendig, denn in der Schulverwaltung der Länder und der Sozialbürokratie gebe es große Einsparungspotenziale, meint Wallner.

Häupl will Aufwertung des Bundesrats

Häupl plädiert - wie schon seit langem - für eine Aufwertung des Bundesrats: "Ich bin dafür, dass die Kompetenzen des Bundesrats erweitert werden." So könne das Gremium etwa beim Finanzausgleich ein Vetorecht erhalten oder bei der Frage von Zuständigkeiten zwischen Ländern und Bund vermitteln. Die Idee, Parlamente zu verkleinern, begeisterte den SPÖ-Politiker in einer Pressekonferenz hingegen weniger: "Die ganzen Vorschläge zur Institutionenverkleinerung sparen so viel Geld, dass ich davon 20 Zentimeter U-Bahn bauen kann."

Bundesratpräsident Preineder unterstützt Prammer

Mehr Macht für die Länderkammer fordert Bundesratspräsident Martin Preineder (ÖVP). Er unterstützte in einer Aussendung Nationalratspräsidentin Barbara Prammer nach deren Vorschlag eines "echten" Vetorechtes des Bundesrates bei den klassischen Länderkompetenzen. Der Präsident der Länderkammer hält jedoch wenig von einem Ausschluss des Bundesrates von Bundesangelegenheiten.

(APA/ red, derStandard.at, 21.9.2010)