Wien - Wie immer nahm sich Wiens Bürgermeister Michael Häupl, SPÖ-Spitzenkandidat für die Wiener Wahl im Bezirk Ottakring, kein Blatt vor den Mund: "Wer Ottakring verstehen will, muss ausführlich Weinheber gelesen haben und muss zumindest vier Jahrzehnte in Ottakring gelebt haben", diktierte er kürzlich dem Wiener Bezirksblatt ins Layout.

Damit tat Häupl den Grünen einen großen Gefallen. Denn diese nutzen die günstige Gelegenheit, ein Bezirks-Dauerthema neu aufzukochen. "Der Josef-Weinheber-Platz in Ottakring muss endlich umbenannt werden", fordert Niki Kunrath, Grünen-Spitzenkandidat im Bezirk, im Gespräch mit dem Standard. Häupls Erwähnung des "Blut-und-Boden-Lyrikers Weinheber" halte er für "völlig daneben". Häupls antifaschistische Haltung gegen die "Wiener Blut"-Plakate der FPÖ entlarvten sich als "wahltaktisches Geplänkel".

Lyrik für Hitler

Schon seit Jahren laufen die Grünen Sturm gegen die Weinheber-Verehrung im Bezirk. Der Lyriker wurde 1892 im Bezirk geboren, wohnte lange in der Hasnerstraße und arbeitete in Ottakring auch als Postbeamter. Er schrieb romantisch-verklärende Lyrik über "Alt Ottakring", zum "Anschluss" Österreichs an Nazi-Deutschland 1938 dichtete das (seit 1931) illegale NSDAP-Mitglied aber auch diese Zeilen: "Deutschland, ewig und groß, Deutschland, wir grüßen Dich! Deutschland, heilig und stark, Führer, wir grüßen Dich!" 1945 wählte Weinheber den Freitod.

Kunrath und die Ottakringer Grünen verlangen, der Bezirk möge sich der Vergangenheit seines prominenten Bürgers stellen. Sie fordern nicht nur die Umbenennung des Weinheber-Platzes - sondern auch das Anbringen von Zusatztafeln überall dort, wo Weinheber auf Büsten und Gedenktafeln geehrt wird. (stui, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9.9.2010)