Der blaue Parteichef und seine Mitstreiter wollen keine Gesichts- und Frisurkontrollen bei FPÖ-Veranstaltungen: "Zu uns kommen sehr viele unterschiedliche Leute."

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Wien - Dass bei FPÖ-Veranstaltungen wesentlich mehr Glatzenträger mit auffälligen Tätowierungen auftauchen als bei der politischen Konkurrenz, tut die blaue Parteispitze gern als puren Zufall ab. "Zu uns kommen sehr viele unterschiedliche Leute", sagt Generalsekretär Herbert Kickl "und wir machen keine Gesichtskontrollen." Manchmal lässt die äußere Erscheinung aber auch nachweislich auf einschlägiges Gedankengut schließen. Bei Gregor T. zum Beispiel - laut Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstand (DÖW) einer der gefährlichsten und am besten vernetzten Skinheads des Landes. Und T. treibt sich laut Profil nicht bloß zum Privatvergnügen auf FPÖ-Veranstaltungen herum.

Als sich Heinz-Christian Strache kürzlich bei den Stammersdorfer Weintagen ins Getümmel warf, wurde er jedenfalls von einigen breitschultrigen Securitys in FPÖ-Leiberln flankiert. Einer davon war T. "Wir sind ja einiges gewohnt", sagt Rechtsextremismusexperte Heribert Schiedel vom DÖW, "aber dass die FPÖ nun derart prominente Mitglieder der rechten Szene als Ordner einsetzt, schlägt wirklich alles." "Alles Blödsinn", kontert Kickl. Der betreffende Mann sei bei der FPÖ ein völlig Unbekannter und rein zufällig bei der öffentlichen Veranstaltung gewesen - und keinesfalls als Geleitschutz angeheuert worden. Dass T. ein FPÖ-Leiberl trug, beweise nur, wie beliebt diese seien. "Die werden von sehr vielen Leuten gekauft", sagt Kickl. Man könne nur verhindern, dass ein Rechtsextremer bei der FPÖ eine Funktion bekomme "und das tun wir auch".

Ein Aktivist der Sozialistischen Jugend berichtet allerdings, dass die weißen FPÖ-Leiberln ausschließlich von Ordnern rund um Strache getragen wurden. Und dass er, als er ein paar Fotos schoss, von diesen getreten worden sei. In diesem Pulk habe sich auch T. befunden. Die bei Straches Heurigenbesuch geschossenen Bilder, die dem Standard vorliegen, belegen jedenfalls, dass T. nicht nur als Zaungast dabei war, sondern sich im regen Austausch mit FPÖlern - die zum Teil "HC Strache"-Kapuzenpullis trugen - befand. T. ist Mitbegründer des Neonazi-Skinhead-Netzwerks "Blood and Honour" in Österreich und schon mehrmals mit dem Gesetz in Konflikt gekommen. Rechtsextremismus-Experte Schiedel fragt sich, warum der Verfassungsschutz die FPÖ nicht vor solchem Wachpersonal warnt. "Nachdem er bis heute in der Neonaziszene verankert ist, wird er hoffentlich beobachtet." Für eine Warnung fehle die Rechtsgrundlage, sagt Rudolf Gollia, Sprecher des Innenministeriums. "Wir können keine Partei vor gewissen Leuten warnen." (Martina Stemmer, DER STANDARD, Printausgabe, 7.9.2010)