Brillenloses 3D am Handy

Foto: derStandard.at/Zsolt Wilhelm

mit 3D-Kamera

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3D ohne Brille für Tablets

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Der "ray modeler" erlaubt eine Betrachtung von allen Seiten

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Bei einem Rundgang auf der IFA wird man als Besucher von allen Seiten mit dem Schlagwort "3D" umworben. Zwischen superschlanken Nano-LED 3D-TVs und 3D-Plasma-Monstern hat auch die Mittelklasse einen Fuß in die dritte Dimension gesetzt. Active-Shutter-Brillen sind dabei Erkennungsmerkmal und Manko der neuen Generation der Fernsehgeräte zugleich. Damit soll erstmals auch für Otto Normalverbraucher zuhause ein ähnlich tolles Erlebnis geboten werden, wie man es vom Kino kennt. Doch ist das die Zukunft? Die Voraussetzung von optischen Hilfsmitteln für plastisch wirkende Bilder bei Filmen, Games und Fotos ist wenig sexy. Wie steht es also um "brillenloses" 3D und wann können Konsumenten mit den ersten Produkten rechnen?

Jeder Anfang ist klein

So viel sei vorausgesagt: Obwohl sämtliche namhaften Produzenten an so genannten "autostereoskopischen Bildschirmen" forschen und arbeiten, wird es wohl noch einige Jahre dauern, bis derartige 3D-Fernseher in alltagstauglichen Größen in den Handel kommen. Der Grund dafür liegt im Konzept der Panele. Um einen dreidimensionalen Effekt zu erreichen, werden für jedes Auge zwei unterschiedliche Bilder gleichzeitig ausgestrahlt, wobei mit Hilfe spezieller Raster das Licht einzelner Pixel in verschiedene Richtungen vor dem Bildschirm abgelenkt werden. Das setzt voraus, dass der Betrachter eine bestimmte Position zum Display einnimmt, damit der Effekt zur Geltung kommen kann. Zwar gibt es in diesem Bereich auch Multi-Viewer-Bildschirme, die Bilder für mehrere Seher ausstrahlen, doch im Endeffekt bedingt die Technologie, dass der jeweilige Betrachtungswinkel sehr eingeschränkt ist. Das hat zur Folge, dass diese auch "Parallax-Displays" genannten Screens vorerst nur in kleineren Formaten für mobile Endgeräte wie Handys oder Tablet-PCs Sinn machen, weil der Betrachter hierbei im Normalfall so und so direkt auf das Gerät sieht.

Prototypen und Serienmodelle

Der japanische Elektronikkonzern Sharp hat im Rahmen der Messe sowohl eine finale Version eines künftigen Handheld-3D-Displays mit 3,8 Zoll (9,7 cm) als auch einen Prototyp zu einem 3D-Display mit 10 Zoll (25 cm) Bilddiagonale für Tablet-PCs präsentiert.

Hat man es erst einmal mit eigenen Augen gesehen, wird schnell deutlich, dass nicht Shutter-Brillen, sondern "3D ohne Brille" die erwünschte Zukunft ist. Es hat in der Tat etwas Magisches an sich, mit bloßen Augen sprichwörtlich in den Screen (in dem Fall eines Handys) hineinschauen zu können. Dabei werden Erinnerungen an Sci-Fi-Filme wie "Avatar" wach. Noch spannender wird es, wenn man mit dem Gerät über eine eingebaute Kamera mit Doppellinse ein 3D-Foto oder einen 3D-Film von sich schießen und es unmittelbar danach ansehen kann.

Auf dem Boden angelangt

Auf den Boden der Tatsachen wird man allerdings ebenso schnell zurückgeholt, wie man abgehoben ist. Denn bei Betrachtung des größeren 10-Zoll-3D-Displays wird deutlich, wie eingeschränkt einsetzbar diese Technologie heute noch ist. Neigt man seinen Kopf leicht zur Seite, kann man klar verfolgen, wie man die einzelnen Abstrahlungswinkel bis zu dem Punkt passiert, an dem der 3D-Effekt komplett verschwindet. Über die Schulter schauen kann ein Zweiter jedenfalls nicht, will er auch mal kurz in den Genuss der Dreidimensionalität gelangen. Leicht kippen ist auch nicht drin, Betrachtungsspielraum ist so gut wie nicht vorhanden. Das macht diese autostereoskopischen Bildschirme tatsächlich nur für Solisten interessant.

Bildqualität

Ein vermeintlicher Vorteil gegenüber 3D-Fernsehern mit Shutter-Brillen ist bei den autostereoskopischen 3D-Displays die schönere Wiedergabe von Farben, weil die parallele Austrahlung (zumindest bei zwei Bildern) die Sicht weniger trübt, als die LCDs der Shutterbrille. Auch bei der Auflösung können sich die von Sharp gezeigten Bildschirme sehen lassen. Im 3D-Modus wird die Auflösung zwar halbiert, der knapp 4 Zoll kleine Screen zeigt dreidimensionale Bilder jedoch mit ausreichend scharfen 400 x 480 Bildpunkten an. Gleiches gilt für den 10-Zöller: Im 3D-Modus sind es immerhin noch 640 x 768 Bildpunkte.

In Reichweite

Die physikalischen Einschränkungen machen "brillenloses 3D", dem derzeitigen Stand der Dinge nach, noch mehr zur Spielerei, als zum schlagkräftigen Verkaufsargument. Aber immerhin hat die Produktion bereits begonnen. Sharp wird erste Handeld-Displays noch Ende 2010 auf den Markt bringen. Welche Produkte davon profitieren werden, durfte auf der IFA in Berlin nicht verraten werden. Anfang des Jahres munkelten Brancheninsider aber bereits, Nintendo werde mit der Technologie die kommende Spielkonsole "3DS" ausstatten - zu welchem Preis ist nicht bekannt. Ein 3D-Handy von Sharp samt 3D-Kamera soll auch in den Startlöchern scharren. Aber auch bei größeren Formaten schreitet die Entwicklung voran. Hersteller Toshiba werkt bereits an einem 21 Zoll großen Parallax-Display. Auf der IFA hieß es von Unternehmenssprechern aber, dass der berichtete Erscheinungstermin Ende 2010 jedoch zu früh angesetzt sei. Brancheninsider vermuteten schon bald erste Produkte im hochpreisigen Segment für einige Tausend US-Dollar.

Hologramm: Echtes 3D?

Um noch für einen Moment in die Ferne zu Blicken: Die "zukünftige" Zukunft der projizierten dritten Dimension soll Sonys Forschungsabteilung nach noch greifbarer werden. Der Prototyp zu einem "ray modeler" macht über ein zylindrisches Display eine echte dreidimensionale Betrachtung von allen Seiten ermöglicht. Der Hersteller sieht das Einsatzpotenzial im kommerziellen Bereich, bei der 3D-Telekommunikation und Gaming.

Die Projektionstechnologie hat allerdings ebenfalls auch noch mit der Größe zu kämpfen. Die dargestellten Objekte werden gerade einmal mit 128 x 96 Bildpunkten aufgelöst und sind nur wenige Zentimeter hoch. Ein sehr kleines Stück Zukunft also. (Zsolt Wilhelm aus Berlin, derStandard.at, 3.9.2010)

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