Tübingen - Quatna, im Westen des heutigen Syrien gelegen, war in der Mittleren und Späten Bronzezeit eines der bedeutendsten Stadtkönigtümer der Region. In seiner Blütezeit zwischen 1800 und 1600 vor unserer Zeitrechnung  gehörte es zu den mächtigsten Staaten des Orients. Das Königtum existierte kontinuierlich bis zu seiner Zerstörung um 1340 vor unserer Zeitrechnung durch die Hethiter. 

Seit 1999 führt ein Team der Universität Tübingen zusammen mit syrischen Kollegen archäologische Ausgrabungen in Qatna durch. Eine während der Ausgrabungskampagne des Vorjahres entdeckte Gruft unter dem Königspalast, in der bereits im Vorjahr zahlreiche Objekte entdeckt wurden, zeigte bei ihrer fortgeführten Freilegung in diesem Jahr, dass sie noch reichlich mehr zu bieten hat. Schmuckstücke aus Gold und Edelsteinen, Alabastergefäße, Elfenbeinarbeiten, kleine Figurinen, Einlegeplättchen und Keramiken lagen zwischen den menschlichen Überresten. Seit dem Beginn der Grabungskampagne Mitte Juli wurden 379 Fundstücke in der Gruft registriert.

Foto: Foto: Marc Steinmetz

Von besonderem Interesse sind zahlreiche ägyptische Gegenstände, die auf einen regen Austausch zwischen Qatna und dem Reich der Pharaonen hinweisen. Dazu zählen eine glasierte Steinfigur eines Flusspferds mit einer auf den Körper aufgemalten Sumpflandschaft, eine winzige Sphinx aus orange-rotem Karneol, zwei kleine Gefäße aus Bergkristall und viele ägyptische Salbgefäße aus Kalzit-Alabaster. Unter den Schmuckstücken finden sich unter anderem dieser goldene Armreif mit einem darin eingesetzten dekorierten Siegel aus Lapislazuli sowie eine goldene Plakette zum Aufnähen mit eingraviertem Lebensbaummotiv. Zahlreiche Gewandnadeln aus Bronze und aus Gold ergänzen das Grabinventar, das in die Zeit zwischen 1650 und 1550 vor unserer Zeitrechnung datiert. Bestätigt wird dies unter anderem durch ein vor kurzem im Grab gefundenes originales Siegel einer ägyptischen Königsmutter.

Außerdem entdeckten die Ausgräber bei der diesjährigen Kampagne in den beiden Grabkammern eine große Zahl menschlicher Skelettteile. Die Knochen waren in dichter Packlage in ehemaligen Holzkisten verstaut, von denen Spuren zersetzten Holzes zeugen. Die Anzahl der hier Bestatteten lässt sich noch nicht bestimmen. Die Personen dürften nach Einschätzung der Wissenschafter aber sicherlich zum Kreis der königlichen Familie von Qatna gehört haben. Möglicherweise waren die Toten zunächst in der Königsgruft unter dem Palast von Qatna bestattet worden, die bereits 2002 vom deutsch-syrischen Team entdeckt worden war, und sind danach in diese Gruft umgebettet worden. Letztere könnte dann eine Nebengruft des Königshauses von Qatna gewesen sein. (red)

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