If I could have expressed the same in a song, I would have written a song instead! (Bob Dylan, 2009)

Nicht ins Konzert, sondern in eine Ausstellung in das Statens Museum For Kunst soll derzeit ein großes Bob-Dylan-Plakat in Kopenhagen locken. 40 großformatige Acryl-Gemälde Dylans sind in dem staatlichen Kunstmuseum bis 20. Februar 2011 erstmals zu sehen.

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Favela Villa Broncos (2010, Acryl auf Leinwand, 106,7 x 142,2 cm)

The Brazil Series lautet der Titel der Ausstellung mit Motiven, die Dylan bei Reisen durch Brasilien skizziert und später eigens für das Statens Museum For Kunst als Acryl-Gemälde ausgeführt hat. Zu sehen ist auch ein Teil der ursprünglichen Skizzen.

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Bahia (2010, Acryl auf Leinwand, 121,9 x 91,4 cm)

I just draw what's interesting to me, and then I paint it. Rows of houses, orchard acres, lines of tree trunks, could be anything. (Bob Dylan, 2009)

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Das renommierte Museum lud Dylan zu einer Ausstellung ein, nachdem man einen Katalog von der ersten öffentlichen Kunstausstellung The Drawn Blank Series des Musikers 2007 in den Kunstsammlungen Chemnitz gesehen hatte. Kurator Kasper Monrad dachte ursprünglich nur an eine Ergänzung dieser Serie, bekam indessen aber fast 50 neue Arbeiten angeboten.

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Für die von der Direktorin der Kunstsammlungen Chemnitz, Ingrid Mössinger, initiierten Ausstellung der Drawn Blank Series hatte Dylan 2007 in nur acht Monaten 322 Aquarelle und Gouachen geschaffen. Dabei handelte es sich um mittels Digitalverfahren vervielfältigte und mit Aquarell- und Gouachefraben überarbeitete Motive, die Dylan in den Jahren 1989 bis 1992 während seiner Konzertreisen in den USA, Mexiko, Europa und Asien überwiegend in Bleistift und Kohle anfertigt und 1994 in einem mittlerweile vergriffenen, von Random House veröffentlichten Buch veröffentlicht hatte.

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Rainforest (2010, Acryl auf Leinwand, 101,6 x 76,2 cm)

Dylan selbst sieht in der Drawn Blank Series mittlerweile einen abgeschlossenen Zyklus, für Kurator Kasper Monrad stellt die Brazil Series einen Schritt nach vorne in der bildnerischen Arbeit Dylans dar. Einflüsse sind in den Gemälden von Dylan, auch als Musiker immer schon ein kultureller Durchlauferhitzer und Master Thief, teils leicht auszumachen. Wohl nicht ganz zufällig hat der Matisse-Experte und ehemalige Chef-Kurator des Museum of Modern Art in New York, John Elderfield, den Hauptbeitrag im Katalog zur Brazil Series verfasst.

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Nej, Bob kan ikke male. (Politiken, 4.9.2010)

Wenig gnädig fielen indessen die ersten Ausstellungskritiken in Dänemark aus: "Nein, Bob kann nicht malen", prangte nach der Ausstellungseröffnung auf der Titelseite der dänischen Tageszeitung Politiken. Wenn es um Musik gehe, sei Dylan "einer der großen Picassos des 20. Jahrhunderts, hinsichtlich seiner Malerei ist das nicht der Fall", hieß es im Berlingske Tidende. Für den Kunsthistoriker Peter Brix Søndergaard ist Dylan schlichtweg ein "Sonntagsmaler". Man lernt Dylan besser kennen, wenn man seine Bilder sieht", argumentiert Kurator Kasper Monrad.

 

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I have always painted. (Bob Dylan, 1978)

Bereits 1968 steuerte Dylan ein Gemälde, das Musiker in surreal-naiver Manier zeigt, als Cover für das einflussreiche Debüt-Album von The Band, Music from Big Pink, bei (li.). Zwei Jahre später fungiert ein weiteres Gemälde Dylans als Cover seines eigenen, mit Coverversionen gespickten Doppelalbums Self Portrait (mi.), das Greil Marcus in einer legendären, dialogischen Rolling Stone-Kritik mit den Worten what is this shit? begrüßte. 1973 verwendet Dylan vorläufig zum letzten Mal ein eigenes Bild als Cover - in diesem Fall für das gemeinsam mit The Band eingespielte, lang unterschätzte Album Planet Waves. Im selben Jahr erscheinen auch erstmals Songtexte Dylans gemeinsam mit Zeichnungen in Buchform unter dem Titel Writings and Drawings.

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The Vineyard (2010, Acryl auf Leinwand, 76,2 x 101,6 cm)

Die "Zeit anzuhalten" (hold that time, breathe in that time and stop time) sei eine wesentliche Aufgabe der Kunst, meinte Dylan einst im Interview. 1974 hatte der Musiker,  Zeichenunterricht bei dem expressionistischen Maler Norman Raeben (1901-1978), einem Sohn des russischen Schriftstellers Scholem Aleichem, genommen. Dylan lernte dabei vor allem "bewusst zu machen, was er früher unbewusst tun konnte". Eine Herangehensweise an die eigene Kreativität, die ihm laut eigener Auskunft dabei helfen sollte, die Songs für sein hoch geschätztes Album Blood on the Tracks zu schreiben.

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The Incident (2010, Acryl auf Leinwand, 121,9 x 91,4 cm)

Dylans Bilder seien dort am besten, wo ihnen eine Dramatik innewohne, merkte die Politiken-Kritik an. Narrative Elemente lassen sich in den meisten Werken der Brazil Series ausmachen.

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Die Malerei ist nicht das einzige künstlerische Medium, in dem sich Dylan außerhalb der Musik versucht hat. Vor allem im Film (u.a. Renaldo and Clara, Masked and Anonymous) hat Dylan wiederholt vor als auch hinter der Kamera agiert, viel Lob gab es für die Autobiografie Chronicles, Volume One und die Rolle als Radio-Moderator der Theme Time Radio Hour. Die Entscheidung, Bilder Dylans im Staatlichen Kunstmuseum Kopenhagen auszustellen hat einerseits für Kritik, andererseits für erhöhte Aufmerksamkeit für ein Haus gesorgt, das in seinen Hauptsammlungen auch Werke von Matisse, Munch, Nolde, Rubens und Rembrandt beherbergt. Der 1887 errichteten Bau wurde 1998 durch einen Zubau ergänzt.

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Dylan hat zwar mit dem Statens Museum For Kunst für die Ausstellung eng zusammen gearbeitet, zog es aber am Eröffnungswochenende vor, seine Never Ending Tour mit einem Konzert beim Bumbershoot-Festival in Seattle fortzusetzen. The Road Goes On ... (Karl Gedlicka, derStandard.at, 8. September 2010)

 

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