Fabrice d'Hondt verdient nicht nur sein Geld auf dem Tennisplatz, dort hat er auch seine Frau kennengelernt. "Sprich Französisch, dein Deutsch ist so schlecht", hat sie beim ersten Date zu ihm gesagt

Foto: STANDARD/Christian Fischer

Wien war der letzte Ort, wo ich hingehen wollte. Ich hatte eine Karikatur des Landes im Kopf - entstanden aus kitschigen Heimatfilmen, aus Sisi-Klischees. Jamaika, das Meer, das wär es eher für mich gewesen. Aber dieser Sportagent, den ich in St. Anton beim Skifahren getroffen habe, wollte mich unbedingt nach Wien holen.

Tennis trainieren geht überall auf der Welt

Geboren in Libreville in Gabun, bin ich in Südamerika und in Französisch-Guyana aufgewachsen. Mein Vater ist Franzose, war im diplomatischen Dienst, meine Mama ist aus Gabun. Ich habe zuletzt, vor meinem Leben in Wien, in London als Werbetexter und Fotograf gearbeitet, auch als Tennistrainer, als PTR-Professional. Ich habe mir gedacht: Tennis trainieren geht überall auf der Welt, das kann ich durch die Kulturen mitnehmen. Das hat bis jetzt auch gestimmt.

Wasser im Überfluss

Dann war ich da, in Wien - 1998. Ich konnte kein Wort Deutsch. Aber: Wien war ganz anders, als ich dachte. Das war wunderbar. Ich habe viele Städte gesehen, auch schmutzige Städte, Städte voller Armut und Not. Ich habe sehr schnell eine Art physische Liebe zu Wien entwickelt. Das liegt an dem vielen Wasser hier - man kann es aus der Leitung trinken, drin schwimmen -, es gibt nur ganz wenige Orte abseits von Meeren, die so viel Wasser bieten. Im Sommer an der Alten Donau zu schwimmen ist herrlich. In London haben wir sogar Wasser aus dem Supermarkt gekauft, um Tee zu machen. Wien ist eine internationale Stadt, in der man leben kann wie in einem Dorf - auch in puncto Sicherheit, das ist unglaublich toll.

Englisch, Französisch, Spanisch, aber nicht Deutsch

Fremdfühlen? Dieses Gefühl ist mir nicht vertraut, aber in Wien war es so: Alle haben mir beim Start geholfen zu überleben - vom Sportagenten Günther Sukup bis zum Bankmitarbeiter, der mir bei den Verhandlungen mit den Stadtwerken für den Strom zur Seite gestanden ist. Ich konnte damals Englisch, Französisch, Spanisch, aber eben noch nicht Deutsch und konnte für das Stromanschalten kein Gegenüber finden, das mich verstanden hätte.

Mit Humor geht es

Richtig gelernt habe ich diese Sprache dann nach den Tennistrainings, bei einem Glaserl. Klar, einige Kellner haben schon so getan, als würden sie mich nicht verstehen - mit Humor geht es aber. Ich habe schon früher gelernt, dass man sich den Habitus in einem Land anschauen muss und dann erst selber die ersten Schritte machen kann. Und ich muss sagen: Egal, was man gelegentlich liest über Wienerisches, gewisse Manieren findet man durchgängig. Das ist wirklich eine Hilfe.

Internationales Publikum

Wegen meiner Hautfarbe wurde ich natürlich angeschaut. Aber so merkt man sich mich besser, das ist mein Markenzeichen. Im Sportclub Hakoah und im Vienna Cricket Club, wo ich Tennistrainings anbiete, ist das Publikum aber überhaupt internationaler, ich habe viele Russen, viel UN-Staff. Und viele Kindergruppen, auch die ganzen Ferien hindurch. So lebe ich hier in Wien in einer großen Vielfalt, auch weil ich ja Kapitän des Behinderten-Nationalteams der Tennis-Damen bin, wo ich Rollstuhlfahrer trainiere.

Dankbar bin ich vielen hier - der Stadt vor allem auch, weil sie mir meine Frau gegeben hat. Wir haben einander auf dem Tennisplatz getroffen. Bei unserem ersten Date hat sie gesagt: Sprich Französisch, dein Deutsch ist so schlecht. Mittlerweile haben wir einen dreijährigen Sohn - meine Familie ist eine echte Wiener Melange.(Karin Bauer, DER STANDARD Printausgabe 2.9.2010)