Grafik: DER STANDARD

Wien - Bundeslehrer? Landeslehrer? Egal, Hauptsache überhaupt Lehrer, könnte es schon bald heißen. Denn: Österreich gehen die Lehrer aus, warnen Lehrergewerkschafter und -politiker im Gespräch mit dem Standard. "Lehrermangel ist vorgezeichnet", sagt etwa der Landesschulratspräsident von Salzburg, Herbert Gimpl (SPÖ). Sein oberösterreichischer Kollege Fritz Enzenhofer (ÖVP) berichtet: "Ich suche jetzt schon Lehrer." Und Pflichtschullehrergewerkschaftsvorsitzender Walter Riegler prognostiziert: "In zwei bis drei Jahren werden wir ein echtes Problem haben."

Die Lunte brennt an zwei Enden des Problems - bei den alten und bei den jungen Lehrern. In den kommenden zehn Jahren wird die Hälfte aller Pädagogen in Pension gehen, rund 50.000 scheiden altersbedingt aus. Für Lehrergewerkschafter Riegler heißt das: "Die Katastrophe beginnt jetzt."

Denn gleichzeitig kommen zu wenige Lehrer nach: "Wenn wir die Zahl derer, die in die Lehrerausbildung gehen, nicht steigern, dann steuern wir auf ein Desaster zu." Österreich brauche das "1,7- bis Zweifache an tatsächlichen Studierendenzahlen der vergangenen zehn Jahre, um den Bedarf zu decken", rechnet Riegler vor (Grafik). Zumal derzeit nur 70 Prozent der fertigen Pädagogen auch tatsächlich in den Beruf einsteigen. Viele von ihnen würden ein weiterführendes Studium machen und die Schule beruflich von Anfang großräumig umfahren.

Fritz Enzenhofer beziffert die Dimension des Mangels an auszubildenden Lehrern in Oberösterreich mit 100 bis 150, die er im Schnitt pro Jahr mehr bräuchte.

Herbert Gimpl hat in Salzburg "schon jetzt Rekrutierungsprobleme in gewissen Fächern". Dazu gehören Deutsch, Englisch, Mathematik für AHS, aber auch Sport für Buben und kaufmännische Fächer wie Wirtschaftspädagogik fallen unter die "Mangelgegenstände".

Bessere Bezahlung

Nur mit gutem Zureden wird es noch nicht mehr neue Lehrer geben. "Das korreliert mit der Frage der Bezahlung", sagt Enzenhofer unter Verweis auf die Debatte um ein neues Lehrer-Dienst- und Besoldungsrecht. Anvisiert wird eine flachere Gehaltskurve mit höherem Einstiegsgehalt - "und dann kann man die Frage der Lehrverpflichtung auf dieser Basis definieren", sagt der ÖVP-Politiker.

So sieht es auch sein Salzburger SPÖ-Pendant Gimpl: "Die neu eintretende Lehrergeneration kann auch eine höhere Lehrverpflichtung haben, aber sie wird auch höhere Gehälter bekommen müssen." Er hält den vorgezeichneten Lehrermangel für eine Erblast der schwarz-blauen Regierung: "Damals gab es falsche politische Signale." So hat die damalige Unterrichtsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP) etwa 2001 in ihrem jährlichen "Brief an die Maturantinnen und Maturanten" ausdrücklich Studien im IT-Bereich empfohlen und vor Lehramtsstudien gewarnt, weil es lange Wartezeiten von fünf bis acht Jahren gebe.

Zehn Jahre später hat sich diese Wartezeit verlagert. Heute warten nicht mehr die, die Lehrer werden wollen, sondern die, die Lehrer haben wollen.

(Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, Printausgabe, 2.9.2010)