Wiener Neustadt - Tierquälerei durch Tierschützer: Mit diesem leicht kurios klingenden Thema ist der Prozess gegen 13 Aktivisten wegen Beteiligung an einer kriminellen Organisation am Mittwoch nach der einmonatigen Sommerpause am Landesgericht Wiener Neustadt fortgesetzt worden. Seit mittlerweile 2. Februar müssen sich Tierschützer verschiedener Organisationen vor Gericht verantworten, sieben von ihnen auch wegen anderer Delikte wie Sachbeschädigung und Nötigung.

Interview

Die mögliche Tierquälerei bezieht sich auf eine Nerzbefreiung in Heidenreichstein im Waldviertel im Jahr 1997. Rund 400 Nerze wurden damals von Aktivisten befreit, 260 konnten in den Folgetagen wieder eingefangen werden. Ein Interview, das der Drittbeschuldigte einem deutschen Fernsehsender danach zu diesem Thema vermummt, aber mit erkennbarer Stimme gegeben haben soll, belegt nach Meinung der Staatsanwaltschaft dessen Beteiligung an der Tat.

Befreiungen nachgestellt

Der Betroffene, ein 40-jähriger Niederösterreicher, bestritt, die Nerze befreit zu haben, ließ aber mit einem überraschenden Bekenntnis - er meinte, er sei nie danach gefragt worden - aufhorchen. Die Stimme auf dem Video stamme tatsächlich von ihm, gab er an: "Ja, ich habe mich wiedererkannt". Das Interview habe er auf eine Bitte des ehemaligen Obmanns des Vereins Gegen Tierfabriken (VGT) hin gegeben, es sei darum gegangen, die Aktion aus Tierschützer-Sicht ins rechte Licht zu rücken. Die Szenen zu den Befreiungen seien aber allesamt nachgestellt worden.

Stress für die Tiere

Sachverständiger Klaus Hackländer vom Institut für Wildbiologie und Jagdwirtschaft erstattete sein Gutachten über die Stresssituation, der die Tiere durch die Befreiung ausgesetzt waren. Er sei sicher, dass die Tiere mit der Freilassung "ins kalte Wasser geschmissen" wurden, weil die Umweltreize und die Aufgaben in der Wildnis für sie neu waren. Wie hoch der Stress für die Nerze tatsächlich gewesen sei, könne man aber im Nachhinein nicht sagen.

Einige Individuen hätten aber sicher überlebt, denn es gebe heute - 13 Jahre später - noch eine Population dieser Tierart in dieser Gegend. Laut seiner Schätzung, der eine von den Angeklagten vorgelegte Studie widersprach, dürften 80 bis 90 Prozent der Tiere aber innerhalb eines Jahres verstorben sein. In der Gefangenschaft wären allerdings auch nur die Wenigsten älter als ein Jahr geworden, räumte er ein.

Der Prozess wird fortgesetzt. Bis Ende September sind noch elf Verhandlungstage anberaumt. (APA)