Ein Berater des türkischen Premierministers Tayyip Erdogan hat die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP aufgefordert, deutlicher gegen die Wahlkampagne der Freiheitlichen in Wien Stellung zu beziehen, die sich vor allem gegen die türkische Gemeinschaft in der Stadt richtet. "Dass die Rechtsradikalen mit Ängsten spielen, ist bekannt. Die großen Parteien könnten aber mehr tun, um dem entgegenzuwirken", sagte Erdogans Berater im Gespräch mit dem Standard: "Österreich hat eine große Geschichte, heutzutage gibt es dort aber viele Menschen, die kleinkariert denken."

Der Berater des Premiers rät der türkischen Gemeinschaft, sich nicht provozieren zu lassen. "Die türkischstämmigen Österreicher werden zur Wahl gehen, sie werden die Zukunft Österreichs mitgestalten. Das ist ihre Aufgabe." Die türkische Regierung habe immer klargemacht, dass sie "jegliche Bemühungen um die Integration" türkischstämmiger Bürger in Europa unterstütze.

Eine Polemik, die im Ansatz an die "Mehr Mut zu Wiener Blut"-Losung von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache erinnert, entzündete sich in der laufenden Kampagne zum Verfassungsreferendum in der Türkei ausgerechnet an einer Äußerung Erdogans.

"Anstatt über die Verfassung zu diskutieren, reden sie über meine Körpergröße", antwortete Erdogan auf spöttische Einlassungen seines politischen Gegners Kemal Kilicdaroglu, der gegen eine Verfassungsänderung ist. "Nun, jetzt rede ich zu den Oppositionsparteien: Die Größe ist nicht wichtig, entscheidend ist die Herkunft", fuhr Erdogan bei einer Kundgebung fort. Das ließ sich als abwertende Bemerkung gegenüber Kilicdaroglu verstehen. Der entstammt einer alevitischen Familie, einer verfolgten Minderheit im Islam; seine Mutter ist Kurdin. (mab/DER STANDARD, Printausgabe, 1.9.2010)