Über 200.000 Arbeitsplätze sind in Italien in Gefahr. Nach Augustferien und traditionellem Produktionsstopp werden zahlreiche Firmen zu Wochenbeginn weiterhin geschlossen halten. So nehmen in den Turiner Fiat-Werken nur Angestellte ihre Arbeit wieder auf, die Produktion wird erst zu Monatsmitte in Gang gesetzt.

Der Streit zwischen Fiat-Chef Sergio Marchionne und dem radikalen Gewerkschaftsverband FIOM (CGIL) für einen neuen Vertrag ist voll im Gange. Fiat hat kürzlich drei Arbeitnehmer entlassen. Sie galten als Rädelsführer bei den jüngsten Streiks im süditalienischen Autowerk Melfi. Marchionne fordert Zusagen für einen reibungslosen Produktionsablauf. Dafür sei er zu einem neuen Sozialpakt bereit, wobei auch die in Italien noch nicht übliche Mitbestimmung der Arbeitnehmer gewährt werden soll.

Im Ringen um die Zukunft der Fiat-Produktion in Italien erhöht der Autohersteller den Druck auf die Arbeitnehmer. Italien sei weltweit der einzige Markt, auf dem Fiat Verlust mache, begründete Marchionne seine Entscheidung, einen Teil der Produktion nach Serbien zu verlagern.

Aber nicht nur bei Fiat sind 2350 Arbeitsstellen in Gefahr. Beim Pleite-Modekonzern Mariella Burani bangen 1500 Arbeitnehmer um ihren Job. Beim Modeimperium Ittierre stehen knapp 2000 Arbeitsplätze auf dem Spiel. Der Hersteller von Golden-Lady-Strumpfhosen will 350 Arbeitsplätze, Electrolux 500 Arbeitnehmer abbauen. In der Stahlbranche kürzen sowohl Riva wie auch Lucchini Severstal die Beschäftigung.

Wolken ziehen sich auch über dem Transportgewerbe zusammen. Bei der staatlichen Fährschiffgesellschaft Tirrenia sind 1500 Jobs in Gefahr. Die Gewerkschaften haben für September Streiks im Schiff-, Bahn- und Flugverkehr angekündigt. Mit 9,1 Prozent hat die Arbeitslosenrate in Italien ein neues Vierjahreshoch erreicht. Bis Jahresende soll sie sogar auf zehn Prozent zulegen.  (Thesy Kness-Bastaroli aus Mailand, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30.8.2010)