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Einsatz von Musik bei Neugeborenen in einem slowakischen Krankenhaus - in Salzburg werden neue Modelle für therapeutische Anwendungen erörtert.

Foto: APA/EPA/MARIA ZARNAYOVA

Salzburg - Die "Internationale Gesellschaft für angewandte Neuromusikwissenschaft" stellt bei ihrem ersten Weltkongress am Samstag in der Salzburger Christian Doppler Klinik (CDK) neue Modelle für therapeutische Anwendungen in der klinischen Musikwissenschaft vor. Kernspintomographische Untersuchungen hätten ergeben, dass eine als angenehm empfundene Musik auch bei Wachkoma- und Alzheimer-Patienten positive Emotionen und damit Funktionsveränderungen im geschädigten Gehirn auslösen kann.

In Zukunft sollten Musik und Rhythmus verstärkt ins Zentrum der therapeutischen Neuro-Rehabilitation rücken, sagte der ärztliche Direktor der CDK und Kongress-Präsident Gunther Ladurner bei einem Pressegespräch in Salzburg. Bewusstlose Patienten, denen beispielsweise Wiegenlieder aus der Kindheit vorgespielt wurden, hätten positiv darauf reagiert. "Bei einem Großteil von uns Menschen rufen auch kirchliche Lieder und Choräle angenehme Reaktionen hervor." Gleichzeitig würde diese Therapie helfen, Medikamente zu reduzieren.

Sicherheitsgefühl

Die Wissenschafter gehen davon aus, dass Musik länger im Gedächtnis erhalten bleibt als die Sprache. Hymnen und Volkslieder aus der Region des Patienten würden diese als angenehm empfinden. Die bekannten Klänge könnten aufgrund ihrer rhythmischen Struktur und des vorhandenen "Stampfbewusstseins" ein Wir-Gefühl und ein Sicherheitsgefühl hervorrufen und damit auch die Therapie positiv beeinflussen, erklärte Klaus von Wild, Professor für Neurochirurgie und Neurorehabilitation an der Universität München. "Musik hat einen wesentlichen Anteil an den sozialen Interaktionen, auch bei Menschen, die der Alzheimergruppe mitangehören." Für die verschütteten Minenarbeiter in Chile, die nach dem Grubenunglück derzeit auf engstem Raum eingeschlossen sind und auf ihre Befreiung warten, würde das Vorspielen von chilenischer Volksmusik zur emotionalen Beruhigung verhelfen, meinte von Wild.

Musik sei eine biologisch verankerte, sensorische und kognitive Sprache des menschlichen Gehirns. Sie spreche Gehirnregionen an, in denen die motorische Kontrolle, das Gedächtnis, die Aufmerksamkeit und Sprache verarbeitet und gesteuert werden. Akustische Klangmuster könnten den Bau neuronaler Netze im Gehirn ansprechen und verändern, hieß es. Forscher der Uni Leipzig hätten bei einem Experiment an einem kleinen afrikanischen Volksstamm in Kenia festgestellt, dass beim Anhören von künstlich hergestellter Musik "eine Melodie in Dur Freude hervorgerufen hat, eine in Moll gehaltene Melodie aber schwermütige Gedanken ausgelöst hat". Aufgrund eines kulturellen, genetisch verankerten Phänomens reagiere der Mensch auf bestimmte Tonfolgen und Intervalle. Die Forschungsmodelle, die es derzeit gebe, müssten nun an einer größeren Gruppe objektiviert werden, erklärte Ladurner. (APA)