Wien - Der Zusammenschluss des börsenotierten Online-Glücksspielkonzerns bwin mit der britischen PartyGaming ist voll im Gange. Die beiden Gesellschaften überlegen momentan, welche Marken und Portale sie beibehalten wollen. Der Verkauf einzelner Plattformen ist nicht ausgeschlossen. "Die Teile, die wir für uns nicht brauchen, werden wir für unsere Aktionäre bestmöglich verwerten", sagte bwin-Co-CEO Norbert Teufelberger.

Im Poker-Bereich etwa gebe es Überschneidungen. bwin hat vor vier Jahren die schwedische Ongame übernommen, auf der bwin Poker sowie das Angebot der italienischen Gioco Digitale, die bwin 2009 geschluckt hat, liefen. Auch PartyGaming betreibe eine eigene Poker-Plattform. "Jetzt überlegen wir, was die beste Plattform für die Zukunft ist. Wahrscheinlich werden wir einen Mix nehmen", so Teufelberger. Im Segment Sportwetten habe bwin die bessere Plattform, jene von PartyGaming könnte verkauft "oder für neue Märkte verwendet" werden. Finalisiert sei noch nichts, betonte der bwin-Chef. Aber: "Es wird viele Marken geben, die wir nicht mehr einzeln bewerben werden", die Dachmarken bwin und PartyGaming sollen erhalten bleiben.

IT künftig aus Indien

Durch die Verlagerung der Holding-Funktionen der neuen Gesellschaft nach Gibraltar werde es auch bei den Arbeitsplätzen "die ein oder andere Verschiebung geben". Fix ist, dass die IT der gemeinsamen Firma, die noch immer keinen Namen hat, großteils aus Indien kommen wird. "Wir haben schon begonnen, repetitive Arbeiten auszulagern", bestätigte Teufelberger. Derzeit habe bwin 15 IT-Mitarbeiter in der indischen Stadt Hyderabad sitzen, PartyGaming bereits 500. Das sei historisch gewachsen. "PartyGaming wurde von einer amerikanischen Unternehmerin und einem indischen Softwareingenieur gegründet, der aus Hyderabad kommt", erläuterte Teufelberger. In Zukunft wollen PartyGaming und bwin den Standort Indien vergrößern - "das heißt aber nicht im Umkehrschluss, dass in Österreich abgebaut wird". In Wien beschäftigt bwin momentan 800 Mitarbeiter, davon 500 IT-Spezialisten.

Der Technikchef Thomas Kiessling kommt bwin bald abhanden, er wird ab November Innovationschef der Deutschen Telekom. "Seine Erfolge besonders bei bwin zeigen, dass er weiß, wie man Innovationen in marktstarke Produkte umwandelt", streute ihm Telekom-Technikvorstand Edward Kozel bereits Anfang August Rosen.

Branchenkreisen zufolge müssen in Wien einige Hundert Mitarbeiter um ihren Arbeitsplatz zittern. Genaue Zahlen wollte Teufelberger nicht nennen, nur so viel: Ob und wieviele Jobs tatsächlich gestrichen werden, "hängt auch davon ab, inwieweit man uns in Österreich will oder nicht". Er spielt damit auf eine Steuernachforderung in der Höhe von über 6 Mio. Euro an. Die Finanz ist nämlich der Ansicht, dass bwin aufgrund seiner Serverfarmen in Österreich umsatzsteuerpflichtig wurde, wogegen bwin einwendete, seinen Sitz in Gibraltar zu haben. "Wir fühlen uns im Recht und haben das durch Gutachten feststellen lassen", meinte der bwin-Boss. Sollte der Unabhängige Finanzsenat (UFS) nicht im Sinne bwins entscheiden, wäre das "eine sehr österreichfeindliche Entscheidung." Zumal Konkurrent bet-at-home, der seine Aktivitäten von Malta aus erledige, mit einer "ähnlichen, eigentlich noch schlechteren" Ausgangslage in derselben Sache recht bekommen habe.

Ruf nach Regulierung

Standortentscheidend sei auch, wann sich Österreich zu einer Online-Glücksspielgesetzgebung durchringe. "Wir können uns keinen großen Standort in Österreich leisten, wenn nicht reguliert wird", bekräftigte Teufelberger. Bei der Novellierung des erst vor wenigen Tagen in Kraft getretenen Glücksspielgesetzes (GSpG) hat man das Internet-Zocken außen vor gelassen. Die im Zuge dessen erfolgte Neuregelung des Automatenspiels ist für Teufelberger "vollkommen irrelevant", da bwin im "stationären Bereich" nicht tätig sei und auch keine diesbezüglichen Ambitionen habe.

In Österreich bekommt bwin bald Konkurrenz aus dem Heimatland seines neuen Partners. Der britische Sportwettenriese William Hill will wie berichtet ab September sein Online-Portal auch hierzulande intensiv bewerben. Teufelberger sieht dem gelassen entgegen. "Wir haben in Österreich Hunderte Mitbewerber. William Hill wird man auch nach der Marketingkampagne nicht wirklich kennen", ist er überzeugt. Das Unternehmen sei lediglich in England sehr erfolgreich. Zumal nur fünf Prozent der bwin-Kunden Österreicher seien. Die meisten kämen "noch" aus Deutschland, Italiener und Franzosen holten durch die Marktöffnungen stark auf. (APA)