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Wolfgang Anzengruber hat kein Verständnis für die Verzögerung bei der geplanten  Kapitalerhöhung.

Foto: Reuters/Lisi Niesner

Alpbach - Der Vorstandschef der Verbund AG, Wolfgang Anzengruber, betrachtet den anhaltenden Politstreit über die geplante Kapitalerhöhung mit wachsender Skepsis. Er habe "überhaupt kein Verständnis" dafür, das Vorhaben an die Tilgung der Abgabenschuld der ÖBB zu knüpfen, sagte er am Rande des Forum Alpbach. "Das sind zwei komplett getrennte Themen, auch die Kapitalmaßnahme ist eine komplett unterschiedliche." Der Verbund bekomme "keine Kapitalspritze", sondern investiere das Geld in konkrete Vorhaben, betonte er.

Mit einer Wertpapieremission will der Verbund eine Kapitalerhöhung im Ausmaß von einer Milliarde Euro vornehmen. Dazu notwendig ist allerdings, dass der Bund als 51-prozentiger Aktionär 510 Mio. Euro in die Hand nimmt. Dass sich rot und schwarz über diese geplante Maßnahme streiten, versteht Anzengruber nicht. "Ich kann mich nicht in die Geiselhaft von jemand anderem begeben", machte der Manager seinem Unmut Luft. "Der Verbund ist kein Unternehmen von SPÖ und ÖVP." Man agiere gewinnorientiert und die Kapitalaufstockung sei eine "vernünftige, auch für Investitionen sinnvolle Maßnahme", betonte er. Auf dem Finanzmarkt käme die politische Debatte jedenfalls schlecht an, gab er zu bedenken.

Mit dem Geld will der Verbund bereits geplante Bauvorhaben bei Kraftwerken und Stromnetzen vorziehen. Diese könnten mit den zusätzlichen Mitteln in sechs bis sieben Jahren durchgezogen werden, deren Umsetzung sonst zehn bis 15 Jahre dauere, bekräftigte Anzengruber erneut. Nachdem man vorwiegend in Wasserkraft investiere, werde damit auch ein Beitrag zur Erfüllung der österreichischen Energiestrategie geleistet, betonte er.

Vorbereitungen laufen

Die Vorbereitungen für die Kapitalerhöhung laufen jedenfalls weiter, sagte Anzengruber. Man arbeite bereits an den Prospekten, sei mit der Finanzmarktaufsicht im Kontakt und arbeite an der Due-Diligence-Prüfung. "Das ist ja nicht so, wie wenn man ein Auto verkauft." Einen Termin für die außerordentliche Hauptversammlung gebe es noch nicht, insofern habe er wegen der politbedingten Verzögerungen auch keinen Termin absagen müssen.

Anzengrubers Zeitplan lautet derzeit folgendermaßen: Sobald der Ministerrat das entsprechende Budgetermächtigungsgesetz beschlossen habe, werde binnen drei Wochen die Hauptversammlung einberufen, auf der ein "bedingter Beschluss" gefasst werde. Dieser sei an die Gesetzwerdung geknüpft, da die Materie im Anschluss noch durch das Parlament muss. Mitte November will der Verbund die Wertpapiere platzieren, die nach dem Bookbuilding-Verfahren zugeteilt werden sollen. Alles in allem veranschlagt der Vorstandschef für dies etwa zwei Wochen.

Die geplante Kapitalerhöhung bei Österreichs größtem Stromerzeuger war Ende Juni von der ÖVP bekanntgegeben worden. In der Regierung herrscht seither ein heftiges Tauziehen um die Maßnahme. Eine Vertagung der Materie für die Zeit nach der Sommerpause brachte vorerst nichts. Nachdem Infrastrukturministerin Doris Bures auf der Bremse stand, schaffte es das nötige Budgetermächtigungsgesetz am Dienstag nicht in den ersten Ministerrat nach dem Sommer. Am Donnerstag bekräftigte die Infrastrukturministerin erneut ihren Standpunkt, wonach es keine Einzellösung für den Verbund geben dürfe, sondern einer gemeinsamen Kraftanstrengung für die Unternehmen mit Staatsbeteiligung bedürfe. Die Infrastrukturministerin verlangt etwa eine Unterstützung für die ÖBB, die nachträglich eine Abgabenschuld von 300 Mio. Euro abführen müssen. (APA)