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Chrisitan Faul während der Sondersitzung am Mittwoch.

Foto: APA-FOTO: HANS KLAUS TECHT

Der Übergriff des steirischen SPÖ-Abgeordneten Christian Faul auf einen Fotografen und einen ATV-Kameramann im Rahmen der Nationalratssondersitzung vom Mittwoch hat am Donnerstag zu heftiger Kritik aus der Medienwelt geführt. Faul hatte einen Fotografen von hinten am Kameragurt gerissen - er spricht von "gezupft" - und angeblich den ATV-Filmer gestoßen. ATV-Chefredakteur Alexander Millecker protestierte, ebenso der Vorsitzende der Journalistengewerkschaft, Franz C. Bauer.

Wie Millecker berichtete, sei der ATV-Kameramann zum Zeitpunkt des Übergriffs in der Seitenloge gestanden. Er habe gerade die 190 Fragen der Opposition abgefilmt, die er im Ausdruck vor sich liegen hatte, als ihn plötzlich der SP-Abgeordnete am Arm gerissen habe. Der anwesende Redakteur habe Faul zur Rede gestellt, worauf dieser gemeint habe, dass der Kameramann nicht vom Balkon in die Unterlagen der Abgeordneten filmen dürfe. Anlass für den Unmut dürfte gewesen sein, dass Faul und einige andere Mandatare sich unzulässig von der Galerie gefilmt bzw. fotografiert sahen.

Millecker protestierte gegen derartige körperliche Übergriffe. "Was wäre, wenn das während der Rede des Finanzministers passiert wäre? Die Aufnahmen hätte man schmeißen können, ohne eine Möglichkeit, sie nachzudrehen." Er sieht eine "Tonalität, die im Hohen Haus wirklich nichts verloren hat. Vielleicht am Fußballplatz, aber sicher nicht im Parlament", so Millecker. "Ich weiß nicht, wie sich der Abgeordnete die Zusammenarbeit mit den Journalisten vorstellt, aber so kann es sicher nicht gehen."

Der ATV-Chefredakteur betonte, dass man sich seitens des Senders "klar zu den Hausregeln" bekenne und nicht vom Pressebalkon in die Unterlagen der Abgeordneten im einen Stock darunter gelegenen Plenarsaal filme. "Wir haben das noch nie gemacht und erwarten uns auch, dass man sich gegenüber unseren Mitarbeitern zivilisiert und gemäß europäischen Standards verhält."

Entgleisung, die in unserem Parlament eine neue Dimension darstellt"

Journalistengewerkschafter Bauer sprach von "einer Entgleisung, die in unserem Parlament eine neue Dimension darstellt". "Es geht wirklich nicht an, dass Berichterstatter in Ausübung ihrer ohnehin schon mühsamen Tätigkeit tätlich insultiert werden." Bilder von prügelnden Abgeordneten kenne man nur aus dem Ausland.

Opfer des Abgeordneten war auch ein freier Fotograf geworden. Diesen hatte Faul von hinten am Kameragurt gezogen, wobei ihm der Apparat ans Auge prallte, was mehrere anwesende Journalisten beobachteten. Faul selbst will den Bildberichterstatter nur am Kameragurt gezupft bzw. ihm leicht auf die Schulter geklopft haben.

Der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf (FPÖ) will den Zwischenfall mit dem Abgeordneten zum Thema der nächsten Präsidiale machen. "Nach Aussagen mehrerer Abgeordneter bestehen massive Zweifel an der Darstellung des Fotografen, er sei von Faul attackiert worden", behauptete Graf in einer Aussendung. Grundsätzlich müsse auch von den Journalisten erwartet werden, dass sie sich an die vereinbarten Regeln halten. Graf selbst hatte im Vorjahr für einen Eklat gesorgt, als er es einem akkreditierten Agentur-Fotografen unmöglich machte, den Abschluss der Budgetrede festzuhalten. Graf und der zweite Nationalratpräsident Fritz Neugebauer hatten den Bildberichterstatter damals aufgefordert, "nicht in die Reihen der Abgeordneten zu fotografieren", woraufhin dieser von der Journalistenloge verwiesen wurde. Auch damals gab es - wie nach der Nationalratssitzung am Mittwoch - Kritik seitens des Vereins der Parlamentsredakteure.

Grüne fordern Entschuldigung

Die Grünen fordern eine Entschuldigung des SP-Parlamentsklubs. "Abgeordnete, die sich durch Filmaufnahmen im Parlament gestört fühlen, haben ihren Beruf verfehlt", kritisierte der geschäftsführende Parlamentarier der Grünen, Dieter Brosz, in einer Aussendung am Donnerstag. Er bezeichnete den Auftritt Fauls als "jenseitig". Wer sich gestört fühle, solle das Parlamentspräsidium informieren - "Selbstjustiz" durch Abgeordnete könne es nicht geben.

Brosz will die Causa bei der nächsten Präsidialsitzung besprechen und verlangt eine Stellungnahme von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer zur "indiskutablen Vorgangsweise Fauls". Den Rücktritt Fauls fordert indessen der steirische BZÖ-Abgeordnete Gerald Grosz. Faul sei bereits mehrmals "verhaltensauffällig" geworden und "eine Schande für die Politik". Der steirische SP-Chef Franz Voves und Klubobmann Josef Cap sollten "umgehend die Konsequenzen zeihen", fordert Grosz.

Die Vereinigung der Parlamentsredakteure weist indessen die Behauptung des Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf zurück, es gebe "vereinbarte Regeln", an die sich Journalisten bei der Parlamentsberichterstattung zu halten hätten. Eine Vereinbarung darüber, wie über öffentliche Sitzungen des Nationalrats berichtet werden dürfe, würde eine Einschränkung der freien Berichterstattung bedeuten, so Vereins-Vorsitzender Johannes Huber: "Eine solche Vereinbarung gibt es nicht." Er verweist außerdem darauf, dass die von Graf angezweifelte Darstellung des Vorfalls von mehreren Zeugen bestätigt wurde. (APA)