Ist sie da, oder ist sie nicht da? Es gibt eine immer heftiger geführte Debatte um die Frage, ob es am Staatsanleihenmarkt eine Blase gibt. Wie auch in der Marktmelange schon geschrieben wurde, spielen die Anleihenmärkte tatsächlich verrückt. Deutsche und amerikanische Zinsen von Staatsanleihen schlittern in immer kürzeren Abständen auf Rekordtiefs, in den USA bekommen Investoren von zehnjährigen Treasuries nur noch 2,44 Prozent Zinsen, in Deutschland ist die Rendite von zehnjährigen Bunds auf 2,11 gefallen, ein noch nie dagewesenes Tief. Mit Anleihen waren seit Jahresbeginn daher aktienähnliche Erträge zu erzielen. Bondinvestoren sind also in den vergangenen Monaten ins Deflations-Camp konvertiert, ihr neuer Götze ist der nächste Wirtschaftsabschwung.

Anleihen sind damit deutlich teurer geworden. Doch die Frage ist und bleibt, wie man eine Blase definiert. Jeremy Siegel (Autor von "Stocks for the Long Run") und Jeremy Schwartz haben im WSJ heftig die Bubble-These verfochten und auch einige fadenscheinige Argumente ins Rennen geführt. So schreiben sie: "The rush into bonds has been so strong that last week the yield on 10-year Treasury Inflation-Protected Securities (TIPS) fell below 1%, where it remains today. This means that this bond, like its tech counterparts a decade ago, is currently selling at more than 100 times its projected payout."

Das ist natürlich eine unsinnige Definition. US-Staatsanleihen mit Internetaktien zu vergleichen entbehrt jeder Grundlage. Denn Anleihen zahlen den Investoren nicht nur die Zinsen, sondern am Ende auch den Nennwert der Schuld, die Tilgung. Daher wird ein Investor, der heute eine dreißigjährige Bundesanleihe mit unter drei Prozent Rendite erwirbt, wenn er sie bis 2040 hält, jedenfalls Geld verdienen. Es sei denn der Staat oder das Unternehmen, das die Anleihe begeben haben, ist Pleite gegangen oder musste umschulden (was mithilfe der Notenpresse abzuwenden ist). Eine Blase hingegen zeichnet sich durch massive Kapitalvernichtung aus, wenn überzogene Gewinnerwartungen das Geld von Investoren in einen oder mehrere Sektoren (IT, Housing) locken.

Felix Salmon: "For one thing, a drop of 80% in a stock price is not in any way similar to a drop of 3% or even 9% in a bond price. And with Treasury bonds, no matter how much they cost, you're always guaranteed to get back more money than you paid for them - all you need to do is hold them to maturity."

Klar, aus der heutigen Sicht ist es wahrscheinlicher über die nächsten drei bis fünf Jahre mit Anleihen eher Verluste oder höchstens magere Gewinne einzufahren. Doch selbst wenn die zehnjährigen Zinsen in Deutschland auf 3,5 Prozent hinaufschnalzen wäre das "nur" ein Kapitalverlust von knapp zehn Prozent. Mit "Bubble"-Wertpapieren verliert man sonst viel mehr.

Man muss die jüngste Bond-Performance daher in Perspektive sehen. Erstens deuten die Anleihenmärkte mitunter einfach nur ein Faktum an, das die Aktienmärkte noch nicht begriffen haben. (Wie heißt es den so schön: der Aktienmarkt ist "the bond market's idiot kid brother"): Die Wirtschaft wird nicht mehr so schnell wachsen. Doch die Märkte können nicht ewig mit gespaltener Zunge sprechen, irgendwann einmal müssen Anleihen und Aktien ein ähnliches Szenario einpreisen, egal ob Rezession oder Aufschwung. Das kann aber noch dauern, denn Staatsanleihenmärkte unterliegen anderen Gesetzmäßigkeiten, weil sie im Gegensatz zu Unternehmensanleihen oder Aktien der wichtigste Markt für geldpolitische Eingriffe sind. Wenn die Notenbanken auch weiterhin Maßnahmen am langen Ende der Zinskurve ankündigen, werden die Zinsen auch niedrig bleiben.

Die wirkliche Frage ist, wieso auch deutsche Staatsanleihen derart sinkende Zinsen haben. Denn die letzten Woche waren von einem regelrechten Euphoriefeuerwerk gekennzeichnet, vom "Aufschwung XL" (Brüderle) ist die Rede. Wie Deutsche Bank Stratege Jim Reid zusammenfasst: "Investors either don't believe that the German growth story has any potential follow through or that this is a short-term flight to quality trade where valuations are irrelevant." Wenn die Kapitalmärkte derzeit eines zeigen, dann dass die Investoren sich noch bei weitem nicht einig sind, ob sie es mit einer erneuten Rezession oder einem Aufschwung zu tun haben.