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Auch wenn manch Urlauber den Fiakern den Rücken kehrt, Wien kommt heuer in der Bilanz des Sommertourismus gut weg. Die Zahl der Nächtigungen stieg von Mai bis Juli um fast 14 Prozent.

Foto: APA/Harald Schlager

Die Krise schmälert nicht die Lust auf den Urlaub. Gespart wird dennoch, Preisdumping verwässert die Bilanzen der Betriebe. Der Trend zu Kurzreisen fordert die Branche heraus.

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Wien - Die Österreicher lassen sich ihren Urlaub von einer Krise nicht nehmen. Reisen seien zu einer fixen Lebensgewohnheit geworden, auf die nur selten verzichtet werde, kaum einer sattle spontan von fernen auf nahe Ferienziele um. Der eine oder andere sehe von zusätzlichen Städtetrips ab und gebe vielleicht an Ort und Stelle weniger aus. Etwa für Schnickschnack im Wellnesshotel oder die Flasche Wein im Restaurant. Den Urlaub ganz sein lassen, werde aber auch künftig keiner, sagt Werner Kohl.

Der Tourismusberater sieht den Optimismus, der sich angesichts der soliden österreichischen Ferienbilanz ausbreitet, durchaus begründet, und gibt zu, dass sie auch ihn überraschte - wenngleich der Blick allein auf die Zahl der Nächtigungen von Schattenseiten ablenke. Die Statistik Austria weist für Erstere von Mai bis Juli ein Plus von 1,4 Prozent aus. Noch stärker als die Nächtigungen nahmen die gezählten Ankünfte zu: unter dem Strich um mehr als fünf Prozent. Der Tourismus habe damit die Krise nicht nur überwunden, er habe sogar noch neue Marktanteile gewonnen, zog Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner vor Journalisten gestern, Mittwoch, Bilanz.

Kohl will diesen Enthusiasmus nicht teilen. Die Tourismusbetriebe hätten quer durch alle Kategorien starkes Preisdumping betrieben und unter den schmäleren Nebenausgaben ihrer Gäste gelitten. Das wirke sich auf die Betriebsergebnisse aus: Bis sich die Branche davon erhole, brauche es viel Zeit, "und für schlecht geführte Unternehmen ist es sicher ein Debakel, es trennt sich Spreu vom Weizen".

Dass die Österreicher zusätzliche Nächtigungen mit niedrigeren Preisen erkauften, sieht Mitterlehner pragmatisch. Man könne den Leuten ja nicht das Geld aus der Tasche schütteln. Der Kunde vergleiche mehr, auch durch das Internet. Der Markt müsse eben darauf reagieren, durch höhere Qualität und mehr Marketing. Er erwartet auch für das gesamte Jahr leichte Zuwächse bei den Nächtigungen, 124 Mio. waren es im Vorjahr. Die Umsätze sanken 2009 um 1,6 Prozent auf 22 Mrd. Euro. Für heuer zeichne sich Stagnation ab. Bei den Großinvestitionen gehe es hingegen wieder deutlich bergauf.

Aus Sicht der Hoteliersvereinigung ist das freilich alles zu optimistisch gezeichnet: Mehr Arbeit und höhere Kosten sorgten für keine zusätzlichen Einnahmen. Da könne man nicht zufrieden sein. Was die Zahl der Nächtigungen betreffe, so liege diese immer noch unter jener des guten Jahres 2008. Auch die Investitionen stockten.

Stütze des Tourismus sind vor allem österreichische Gäste. Deutsche lassen seit längerem aus. Daran werde sich auch so bald nichts ändern, glaubt Kohl: Die Ost- und Nordsee boomten ebenso wie Billigreisen in fernere Destinationen.

Auch der Trend zu vielen kleinen Reisen sei nicht aufzuhalten. Dafür sorgten schon allein die Patchwork-Familien. Statt Regenerations- seien Interessenurlaube gefragt. Die Leute buchten kurzfristig, wollten keine Zeit verlieren und suchten hohe Erlebnisdichte. "Für die Branche wird das zur großen Herausforderung." (Verena Kainrath, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26.8.2010)