Die Solidarisierung des prominenten deutschen Philosophen Peter Sloterdijk ist ein Zeichen: Immer mehr politisch und rechtsstaatlich interessierten Personen wird klar, dass die Affäre um vier Wiener Studierende, denen ein Mistkübelbrandanschlag vorgeworfen wird und die daher jetzt unter Umständen sogar mit Terrorermittlungen konfrontiert sind, keine Routine ist. Vielmehr muss im Rechtsgefüge der Republik etwas aus dem Lot geraten sein: eine Vermutung, die an anderer Stelle - Stichwort: Antikorruption - auch bereits formuliert wurde.

Denn selbst im Fall stichhaltigen Tatverdachts - wofür es derzeit mangels konkreter Informationen keinen Beleg gibt - und selbst angesichts der kursierenden, hohen Schadenssumme von 100.000 Euro sind die verwendeten gesetzlichen Mittel weit übersteuert. Immerhin wurde der Antiterrorparagraf 278b nach dem 11. September 2001 eingeführt, aufgrund einer internationalen Bedrohung und aufgrund internationaler Vorgaben. Dass er jetzt zur Abschreckung hausgemachter Politradikaler minderer Gefährlichkeit eingesetzt wird, sagt nichts Gutes über den Zustand des Landes aus.

Doch offenbar hat hier die Versuchung, drastische Mittel zur Abschreckung zu verwenden, über die Vernunft gesiegt. Die Entscheidungsträger in diesem Fall setzen sich über das Risiko einer weiteren Radikalisierung der Betroffenen - etwa einer "Knastbewegung" - hinweg. (Irene Brickner, DER STANDARD Printausgabe, 25.8.2010)