Nur nicht den Anschluss verlieren: Sylvester Stallone beweist im Action-Film "The Expendables" mit vollem Körpereinsatz, dass mit ihm besonders in ausweglosen Situationen noch zu rechnen ist.

Foto: Centfox

Man kann darin auch ein Statement zum Älterwerden in Hollywood sehen.

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Wien – Wer erinnert sich noch an "Ronbo"? "Ronbo" war eine auf Postern affichierte Figur, die sich aus dem Torso von Rambo – Oberkörper nackt, Maschinengewehr im Anschlag – und dem Gesicht von US-Präsidenten Ronald Reagan zusammensetzte. Ein Stück Pop-Art, das die Nähe des US-Actionkinos der 1980er-Jahre zur politischen Agenda des ersten Mannes des Staates ironisch auf den Punkt brachte. Ideologie und Fantasie, schreibt der Filmpublizist Robert Sklar, überlappen sich hier zum noch in der Parodie gültigen Bild einer Nation.

Wie weit sich der Actionheld dieser Zeit von der Realpolitik entfernt hat, zeigt sich besonders in einer Szene aus Sylvester Stallones neuem Action-Film The Expendables. Gleich drei Haudegen jener Ära treffen da zusammen, Bruce Willis, Arnold Schwarzenegger und eben Stallone. Willis unterbreitet den beiden das lukrative Angebot, eine kleine Karibikinsel von ihrer martialischen Militärjunta zu befreien. Schwarzenegger lehnt ab, mit dem glaubwürdigen Argument, das Ganze sei ein Himmelfahrtskommando. "Was ist denn mit dem los" , fragt Willis. "Der möchte noch Präsident werden" , darauf Stallone.

Mit den Cameo-Auftritten zweier Action-Helden, die ihre Star-Persona in die Fiktion hineintragen, ist die Szene wie ein guter Gag aufgebaut. Doch auch dieser Witz ist in einem erweiterten Sinn wahr: Mit körperbetonten Einsätzen in Schurkenstaaten, die auf die Durchschlagskraft eines Einzelnen (und seiner kleinen Truppe) setzen, wollen gegenwärtige Politiker nicht einmal assoziativ in Verbindung gebracht werden. So gesehen gehört der Action-Held der 80er-Jahre, der nicht in den Ruhestand treten kann, gleich doppelt zum alten Eisen: körperlich und symbolisch.

Seit zwei Wochen liegt nun aber The Expandables schon an der Spitze der US-Charts – erleben wir also ein Comeback? Wohl nur in dem Sinn, dass die unzeitgemäßen Qualitäten von Stallones Film seine eigentliche Stärke sind. Mit der geballten Kraft eines All-Star-Casts, der Dolph Lundgren (einst Widersacher von Rocky), Ex-Wrestler Randy Couture, Martial-Arts-Experte Jet Li sowie – das britische Küken im Team – Jason Statham und Mickey Rourke umfasst, wird hier der nostalgische Charme ledriger Jungs versprüht, die sich mit Motorrädern, Tätowierungen und Darts-Spielen die Zeit vertreiben. Aus ihrem Söldnertum beziehen sie die gemeinschaftsstiftenden Erinnerungen. Ihre Traumata haben sie über die Jahre einfach wegtrainiert.

Bad Shakespeare

Stallone, der als Regisseur und Koautor fungiert, weiß natürlich, dass sich ein altmodischer Action-Film aus herzhaften Gewaltspektakeln zusammensetzen muss. So ironisch sich der Film über seine dramatischen Konstellationen gebärdet – der Vater-Tochter-Konflikt in der Führung der Militärjunta wird einmal als "Bad Shakespeare" bezeichnet -, so gewissenhaft werden hier Bösewichte flambiert oder ganze Helikopter mit aus der Hand geworfenen Artilleriegranaten zum Absturz gebracht. Nicht List und Taktik sind dabei vonnöten, sondern Kraft, Muskelstärke und schwere Kaliber – und nicht unbedingt in dieser Reihenfolge. Ein "Expendable" marschiert einfach durch, und ist er zurückgeblieben, wurde er eben auch einmal verhauen.

Diese No-Nonsense-Politik spielt den alten Kraftlackeln mit Sicherheit zu. Sie verleiht ihnen den Schein des Aufrichtigen und Ehrlichen, das erhöht ihre Sympathiewerte auch für eine jüngere Generation. Stallone selbst hat von der Wirkkraft der analogen Mittel gesprochen, der körperlichen Mühe, die in einer zunehmend computerunterstützten Filmwelt noch als echtes Handwerk zählen würde. Doch die Körper der Helden sprechen eine andere Sprache. Denn die Anstrengung, die es sie kostet, ihr altes Fleisch ansehnlich zu verpacken, ist ihnen an jeder Ader anzusehen. Das färbt ihre grotesken Körper mit einem eigenwilligen Pathos ein. Mickey Rourke hat mit The Wrestler einen ganzen Film darüber gemacht.

In dieser Hinsicht ist The Expendables auch ein Film über die Mühen des Älterwerdens im Entertainment-Komplex. Wer nichts Neues dazulernt, muss seine alten Stärken verwalten lernen - mit etwas Glück steht einem der Zeitgeist dabei hilfreich zur Seite. Die alten Haudegen müssen also tun, was sie können – auch im Pensionsalter. Und wir müssen uns den Action-Helden als glücklichen Menschen vorstellen. (Dominik Kamalzadeh/DER STANDARD, Printausgabe, 25. 8. 2010)