18,2 Millionen Euro nimmt die Meinl Bank bisher für Vergleiche mit MEL-Anlegern in die Hand. An weiteren Vereinbarungen wird gearbeitet.

Foto: STANDARD/Hendrich

"Damit wieder etwas Ruhe einkehrt", wie Meinl-Bank-Chef Peter Weinzierl sagt, will das Institut weitere außergerichtliche Lösungen anpeilen. Im STANDARD-Gespräch sieht er zudem einen Hoffnungsschimmer im Strafverfahren. 

***

Wien - Der Vergleich, den die Meinl Bank in Bezug auf Kursverluste mit Meinl-European-Land-Zertifikaten den bisher rund 6000 Anlegern angeboten hat, "wird sehr gut angenommen", wie Peter Weinzierl, Chef der Meinl Bank am Dienstag sagte. Aufgrund der Rücklaufquote erwartet Weinzierl, dass mehr als 90 Prozent der Anleger das Angebot annehmen. Damit hätte man rund die Hälfte der Fälle erledigt. Bisher kostet das die Bank rund 18 Millionen Euro, das sei "mehr als ein Drittel" der geforderten Summe. Weitere Vergleiche sollen demnächst folgen, wie Weinzierl einmal mehr betonte.

Warum die Meinl Bank, die einst jede der rund 2700 Anleger-Klagen (darunter Sammelklagen) einzeln prüfen wollte, nun eine Trendwende vollzogen hat, erklärt Weinzierl im Gespräch mit dem STANDARD so: "Der Unterschied zwischen Recht und Gerechtigkeit ist nicht immer gegeben." Von der rechtlichen Basis aus betrachtet, "sind wir nach wie vor der Meinung, dass fast alle diese Klagen keine Grundlage haben". Auf der anderen Seite habe der Druck - etwa seitens der Arbeiterkammer - zugenommen. 

Vergleich mit Advofin nicht ausgeschlossen

Und: Eine pauschale Lösung sei für alle Beteiligten und aufgrund der Vielzahl von Klagen sinnvoller. "Am Ende des Tages tragen wir die Rechnung dafür", sagt Weinzierl, wenngleich er weiter betont, dass die Bank nicht der richtige Ansprechpartner für die Klagen sei. Aber es koste auch die Bank viel Geld, diese Verfahren zu führen. Eine Einigung sei daher auch betriebswirtschaftlich sinnvoll. Auch, "damit wieder etwas Ruhe einkehrt".

Eine Vergleichslösung mit dem Prozessfinanzierer Advofin, dessen Geschäftsmodell die Meinl Bank immer wieder angeprangert hat, wird nicht ausgeschlossen. Wenngleich: "Um mit der Advofin auf einen grünen Zweig zu kommen, müssen wir uns sicherlich am meisten überwinden", erklärte Weinzierl.

In Bezug auf die Zwei-Milliarden-Euro-Klage von Atrium hält Weinzierl fest, dass es auch diesbezüglich Gespräche gibt. Details könne er aber nicht nennen. Für die MEL-Anleger liege "eine sozial ausgewogene Lösung" auf dem Tisch - und auch in diesem Fall gelte: "Wenn jemand will, dann will er. Wenn nicht, dann nicht." Es sei aber auch zu fragen, ob der Emittent hier nicht auch herangezogen werden könnte. Die Atrium-Klage sei jedenfalls "ein Anlass, die Risikovorsorge zu überdenken, da Rechtsberatungskosten anfallen werden".

Vorwürfe überdenken

Bis zum Jahresende könnte auch das Kapitel Airports International (AI) und Power International (PI) zu Ende sein. Ein Vergleich mit den "Rebellen", die die beiden einstigen Meinl-Unternehmen übernommen haben, werde weiterhin angestrebt. Wie genau dieser aussehen soll, will Weinzierl nicht skizzieren. Bisher hieß es, dass die Bank einige Assets von AI/PI übernehmen will und damit auch ein Weg gefunden werden soll, das gegenseitige Klagsrisiko (die Rebellen haben die Meinl Bank mit Klagen von rund 245 Mio. Euro bedroht) ad acta zu legen. Die interessantesten Assets seien teilweise aber bereits verkauft worden, heißt es. Es zeichne sich jedoch auch ab, dass rechtliche Vorwürfe mittlerweile überdacht würden.

Im Strafverfahren gegen Julius Meinl V. und andere gibt es laut Weinzierl einen neuen Aspekt: Hoffnung schöpft man aus der Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen Karl-Heinz Grasser (Ex-Chef der Power-Managementgesellschaft) und Hans Haider (Ex-Power-Chef) wegen überhöhter Gebühren eingestellt hat (der Verdacht lautete auf Untreue wegen zu hoher Gebühren). Die Gebührenstruktur sei nämlich die gleiche wie bei MEL gewesen. Weinzierl: "Wenn das System bei der Power nicht mehr als strafrechtlich relevant qualifiziert wird, weiß ich ehrlich gesagt nicht, wie es dann bei MEL als strafrechtlich relevant eingestuft werden kann."

Antwort darauf könnte das Gutachten von Fritz Kleiner geben, das Ende 2011 fertig sein soll. Besondere Aktivität der Justiz sei im Strafverfahren laut Weinzierl derzeit nicht festzustellen.
Der Bank sei es im Halbjahr gelungen, "den Kundenabgang zu stoppen". Im Asset-Management wurden Neukunden gewonnen. "Es geht wieder bergauf, wenngleich mit bescheidenem Tempo", sagte Weinzierl. Auch das Corporate Finance laufe "zufriedenstellend". Zahlen nannte der Banker nicht: Ertragsmäßig seien die letzten Jahre der Bank nicht erreichbar, "aber wir sind im positiven Bereich".

Tagebuchnotizen wird es von Weinzierl übrigens keine geben. "Ich schreibe leider kein Tagebuch. Wenn ich im Sommer 2007 aber grob gewusst hätte, was die nächsten drei Jahre passiert, hätte ich garantiert eines begonnen." (Bettina Pfluger, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25.8.2010)