Der neue Geschäftsführer des öffentlich-rechtlichen französischen Rundfunks "France Télévisions", René Pflimlin, hat unmittelbar nach der Amtsübergabe durch seinen Vorgänger Patrick de Carolis am Montag einen tiefgreifenden Kurswechsel in dem Medienkonzern angekündigt. Der 56-Jährige trennte sich nach der Übergabezeremonie vor rund 400 Angestellten von Patrick Duhamel, der für die Informationssendungen verantwortlich war. Bereits Ende der Vorwoche war der Rücktritt der Chefredakteurin von "France 2", Arlette Chabot, bekanntgeworden.

"Ich habe Stürme durchgemacht. Ich wünsche Ihnen, ruhigeren Gewässern zu begegnen", sagte de Carolis nach Angaben des bei der Zeremonie anwesenden CGT-Gewerkschafters Jean-Francois Tealdi. Die Neige im fünfjährigen Mandat von de Carolis begann Anfang 2008, als er sich dem Vorhaben von Präsident Nicolas Sarkozy widersetzte, die Werbung im öffentlichen Fernsehen abzuschaffen. Journalisten vermuteten dahinter die Absicht Sarkozys, seinen Freund Martin Bouygues, Inhaber des Privatsenders TF1, angesichts des rückläufigen Werbemarktes zu begünstigen.

Pflimlin, der als erster Chef des öffentlich-rechtlichen Fernsehens infolge eines Reformgesetzes vom Präsidenten direkt ernannt wurde, wünschte dem bei der Zeremonie ebenfalls anwesenden Duhamel "viel Glück für die Zukunft" und kündigte an, dass dessen Posten innerhalb der Gesellschaft sich "stark verändern" werde. Der gebürtige Elsässer kündigte auch den Rücktritt des Personalchefs Damien Cuier an. Über Arlette Chabot, die jüngst in die Missgunst Sarkozys gefallen war, sagte Pflimlin nichts. Allerdings kündigte er an, dass er "eine gewisse Anzahl von personellen Nominierungen vornehmen" werde, "um sofort an die Arbeit gehen zu können".

Neue Posten

Nach den Absichten des neuen Geschäftsführers sollen zahlreiche neue Posten geschaffen werden. Unter anderem soll jeder Sender der Gruppe - France 2, France 3, France 4, France 5 und das Überseefernsehen RFO - einen eigenen Direktor erhalten. Laut Medienberichten soll Claude-Yves Robin, Marketingdirektor bei "France Televisions", die Führung des beutendsten Senders der Gruppe, France 2, übernehmen. An die Spitze von France 3 soll der aktuelle IT-Direktor Francois Guilbeau kommen.

Pflimlin hat sich insbesondere eine Verjüngung der Zuseher des öffentlichen Fernsehens zum Ziel Gesetzt. Das aktuelle Durchschnittsalter von 55 Jahren soll demnach auf 45 Jahre gebracht werden. Überdies sollen die kulturelle und soziale Vielfalt besser in den Sendern widergespiegelt werden. Für die Frage soll ein eigener Verantwortlicher ernannt werden. Pflimlin wünscht sich überdies eine "europäische Nachrichtensendung" und schließt auch Reality-TV-Shows im öffentlich-rechtlichen Fernsehen nicht aus.

Pflimlins Karriere begann 1985 bei der Straßburger Tageszeitung "Les Dernières Nouvelles d'Alsace" (DNA). Der Neffe des ehemaligen Ministerpräsidenten der Vierten Republik und langjährigen Straßburger Bürgermeisters Pierre Pflimlin war bereits Generaldirektor des TV-Senders France 3. Zuletzt organisierte er die Rekapitalisierung des nationalen Pressevertriebs Presstalis. (APA)