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Rekruten beim Ablegen ihres Eides.

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Gibt den Weg der Bundeswehr vor: Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg.Foto: Reuters

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Die deutsche Bundeswehr steht vor einer tiefgreifenden Reform: Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) will sie um ein Drittel auf 163.500 Mann verkleinern. Die Wehrpflicht fällt, Frauen können auch dienen.

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Schwer bepackt traf der deutsche Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) am Montagnachmittag im Berliner Reichstag ein. Seit Monaten arbeitet sein Haus an einer Reform der Bundeswehr. Und Guttenberg hatte viel Denkfreiheit erlaubt. Dass die Bundeswehr in Deutschland gänzlich abgeschafft wird - das sollte natürlich kein Ergebnis dieses Nachdenkprozesses sein. Aber Guttenberg strebt nicht nur Oberflächenkosmetik, sondern eine echte Reform an.

Am Montag war es also so weit: Guttenberg präsentierte seine Pläne den Wehrexperten der Fraktionen im Bundestag. Gleich fünf Modelle legte er vor, er machte aber auch sehr deutlich, welches Modell er präferiert: die Nummer vier. Dieses sieht eine Schrumpfkur für die Bundeswehr vor.

Die Truppe soll in den kommenden Jahren von derzeit 252.000 auf bis zu 163.500 Soldaten verkleinert werden. Zwar soll die Wehrpflicht auch weiterhin in der deutschen Verfassung verankert bleiben. Aber es soll nur noch zur Bundeswehr kommen, wer das wirklich möchte. Vorgesehen sind nur noch 7500 freiwillig Wehrdienstleistende.

Dafür wird es nach den Plänen des Ministers eine Art "freiwilligen Schnupper-Wehrdienst" geben, dieser soll zwischen zwölf und 23 Monaten dauern und vor allem dazu dienen, Nachwuchs für die hauptberuflich beschäftigten Soldaten zu rekrutieren. Zu diesem Dienst können sich auch Frauen melden. Derzeit dauert der Wehrdienst sechs Monate, es gibt rund 188.000 Berufs- und Zeitsoldaten, 35.000 Grundwehrdiener und 28.000 freiwillig länger Wehrdienstleistende.

Entlastung für Staatskasse

Eine geschrumpfte Bundeswehr kommt dem deutschen Staat natürlich auch billiger. Im großen Sparpaket, das die Regierung derzeit schnürt, sind schon konkrete Sparzahlen für Guttenbergs Ministerium vorgesehen: 8,3 Milliarden Euro bis zum Jahr 2014. Ob er das schaffen wird, kann und will Guttenberg nicht versprechen. Man werde aber eine "ganz erhebliche Entlastung erreichen" , meinte er am Montag und betonte, dass nicht finanz-, sondern sicherheitspolitische Überlegungen seine Pläne geleitet hätten.

Doch jetzt, wo Guttenbergs Vorhaben auf dem Tisch liegen, geht die Debatte erst richtig los. Bei CDU/CSU stoßen die Pläne des Verteidigungsministers bei weitem nicht überall auf Begeisterung. Im Gegenteil, es gibt zum Teil große Skepsis wegen der geplanten Aussetzung der Wehrpflicht. So erklärt der neue niedersächsische Ministerpräsident David McAllister (CDU): "Ich darf daran erinnern, dass die CDUseit 1955 immer die Partei der Wehrpflicht war. Dies ist also eine grundsätzliche Frage. Die Wehrpflicht hat der Armee gutgetan. Sie sorgt dafür, dass jedes Jahr Nachwuchs gekommen ist."

Auch Kanzlerin Angela Merkel zögert, sie weiß um die Schwierigkeiten, die viele in ihrer Partei mit dem Aussetzen der Wehrpflicht haben werden. "Die Bundeskanzlerin kann sich in dieser Frage vor einer breiten Diskussion in den Parteien nicht festlegen" , sagt ihr neuer Sprecher, Steffen Seibert. Sie will zunächst die Parteitage von CDU und CSU im Herbst abwarten. Allerdings kann man davon ausgehen, dass Merkel sich mit der Aussetzung der Wehrpflicht ebenfalls anfreunden kann. Sie hat schon erklärt, man müsse "neues Denken" wagen. Und es wäre eine ziemliche Düpierung für Guttenberg, wenn sie ihn ein Modell ohne Wehrpflicht favorisieren lässt und ihm dann eiskalt die Unterstützung entzieht. (Birgit Baumann aus Berlin/DER STANDARD, Printausgabe, 24.8.2010)