"Keine zweisprachigen Inserate", betont die ÖVP. Das war nicht immer so, wie eine Anzeige der Volkspartei in der türkischsprachigen Zeitung "Yeni Nesil" beweist: "Ein gesegnetes Opferfest" wünscht Isabella Leeb hier in gepflegter Zweisprachigkeit

Screenshot: Yeni Nesil Gazetesi

Wien - Bei der Wien-Wahl im Herbst werden Migranten eine bedeutende Rolle spielen - nicht nur als Wahlkampthema. Der Anteil von Personen mit Migrationshintergrund, also Ausländer und eingebürgerte Zuwanderer, beträgt mit etwa 550.000 Leuten rund ein Drittel der Bevölkerung. Demzufolge wollen alle Parteien in diesem Stimmen-Teich fischen - und sie tun es auf unterschiedliche Weise.

SPÖ: Zweisprachige Broschüren

Die Sozialdemokraten halten Menschen mit Migrationshintergrund für "wahlentscheidend": Das sagt SPÖ-Integrationssprecherin Nurten Yilmaz. Die Zugewanderten seien "eine relativ große Gruppe, die sich keine Partei leisten kann zu negieren." Ihre Partei werde deshalb einen zielgruppenorientierten Wahlkampf führen. Das inkludiere: Betroffene ansprechen, Organisationen besuchen und zweisprachiges Infomaterial verteilen.

Wichtig ist für Yilmaz in diesem Zusammenhang die Frage der Glaubwürdigkeit. "Es genügt nicht, nur Gutes für sie zu denken. Das Interesse muss auch personell sichtbar sein", verweist sie auf eine Reihe von Listenkandidaten mit unterschiedlicher Herkunft. Nur der asiatische Raum sei derzeit etwas unterrepräsentiert, gibt sie zu.

ÖVP: Alles auf Deutsch

Die ÖVP versichert, ebenfalls in allen Communitys unterwegs zu sein. Fremdsprachiges Material geschweige denn eigene Kampagnen werde es aber nicht geben, so die Wiener Parteichefin Christine Marek. Es sei schwierig, den möglichen migrantischen Stimmenanteil für die Volkspartei einzuschätzen. Punkten will man mit positiven Bildern, um Migranten "Du kannst es schaffen" zu signalisieren. Das motiviere und baue gleichzeitig Feindbilder in der Mehrheitsbevölkerung ab. Sehr wohl wird es laut ÖVP aber deutschsprachige Inserate in Community-Medien geben. Mit dem aus Kroatien gebürtigen Schwimmstar Dinko Jukic hat sich Marek erst kürzlich eine prominente Identifikationsfigur ins Team geholt. 

Grüne: Keine Außenpolitik im Wahlkampf

Die Grünen wiederum kündigen an, auf den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft als zentrales Thema zu setzen. Neben mehrsprachigen Foldern und Stickern werde die Partei auch Inserate in fremdsprachigen Medien, die in Wien erscheinen, schalten, so Klubobfrau Maria Vassilakou. Man werde sich aber hüten, "außenpolitische ethnische Konflikte für Wählerstimmen zu missbrauchen", versichert die grüne Parteichefin.

FPÖ: "Historische Nähe" zu Serbien

Auf Stimmen von Zuwanderern hofft auch die FPÖ. "Das Potenzial ist sehr gut", zeigt sich Generalsekretär und Wahlkampfleiter Herbert Kickl überzeugt. Die Freiheitlichen wollen vor allem die "Leistungsträger, die sich wirklich integriert haben", ansprechen. Dass vor allem bei Serben um Zuspruch gebuhlt wird, erklärt Kickl - trotz des Ersten Weltkrieges - damit, dass es bei manchen Staaten eben eine "historische Nähe" gebe. Er verweist auch auf deutsche Einwanderer, bei denen es wegen des Wegfalls der Sprachbarriere "größere Affinitäten" gebe.

Dass die Blauen mit ihrer "Wiener Blut"-Kampagne viele aus dem Ausland gebürtige Neo-Wiener vor den Kopf stoßen, glaubt der Chefwahlkämpfer nicht. Denn schließlich hätten auch gut integrierte Migranten kein Interesse an einer "überbordenden" Zuwanderung. Anderssprachige Materialien werde es nicht geben. "Das wäre widersinnig. Wir sollen diese Menschen als Teil der Gesellschaft ansprechen", argumentiert Kickl. (APA, red, derStandard.at)