Vier Jahre ist es am Montag her, dass Natascha Kampusch aus ihrer Gefangenschaft entkommen ist. Im September erscheint ihr Bericht darüber, 3096 Tage heißt er. Mit dem Jahrestag kommt die Diskussion zurück, ob ihre Gefangenschaft schon nach 44 Tagen zu Ende hätte sein können, wäre man einem konkreten Hinweis auf den Entführer genauer nachgegangen. Und ob dieser mögliche Ermittlungsfehler vertuscht werden sollte.

Staatsanwaltschaft, "Adamovich-Kommission" und parlamentarischer Untersuchungsausschuss sagten Nein. Herwig Haidinger, abservierter Ex-Direktor des Bundeskriminalamtes, sagt bis heute Ja. Und viele Stellen sind der Meinung, dass dieses Ja stimmen kann. Denn Ermittlungen wegen falscher Zeugenaussage und Verleumdung wurden eingestellt, er gewann einen Prozess gegen die ÖVP, die gesagt hatte, er sei ein "Garant für Lügen", und disziplinarrechtlich wurde er wegen Kleinigkeiten belangt.

In Wahrheit steht also Aussage gegen Aussage, und es bleibt jedem frei zu entscheiden, welcher Seite er mehr glaubt. Natürlich spielen bei Haidinger auch persönliche Kränkungen eine Rolle. Nur: Der Tippgeber aus dem Jahr 1998 musste zunächst keine schriftliche Zeugenaussage machen. Und er hatte den Eindruck, er sei von seinen Polizeikollegen zum Schweigen aufgefordert worden. Das sollte jeder bei seiner persönlichen Beantwortung der Frage, ob vertuscht wurde, einkalkulieren. (Michael Möseneder,
DER STANDARD Printausgabe 23.8.2010)