Pröll zu Skylink: "2012 ist ein neuralgisches Datum."

Foto: Standard/Hendrich

Standard: Der Staatshaushalt wird sich nicht nur ausgabenseitig sanieren lassen. Als Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz werden von Ihnen Vorschläge zur Verwaltungsreform erwartet. Wer wird Ihrer Einschätzung nach zur Kasse gebeten werden?

Pröll: Die Bundesregierung muss sich zunächst klarwerden, welchen Weg sie gehen will. Ich menge mich in diese Diskussion nicht ein, denn ich habe das Gefühl, dass es Koordinationsprobleme in der Bundesregierung gibt. Ich bin nicht bereit, täglich eine andere Meinung eines Regierungsmitglieds zu interpretieren.

Standard: Hängt das an internen Koordinationsproblemen? Oder an Problemen in der Zusammenarbeit mit Ihnen?

Pröll: Sowohl als auch. Man hat nicht den Eindruck, dass die Verantwortlichen in der Bundesregierung tatsächlich in Richtung vernünftiges Ziel akkordiert sind. Und dann gibt es gravierende Irritationen zwischen den Bundesländern und der Regierung aufgrund einer einseitigen Vorgangsweise der Unterrichtsministerin, nämlich: von den Bundesländern Strafzahlungen in Form einer Verordnung einzufordern, die absolut dem bis 2013 geltenden Finanzausgleich widersprechen. (Anm.: Gemeint ist Claudia Schmieds (SPÖ) Entwurf für die neue Landeslehrer-Controllingverordnung).

Der Finanzausgleich muss unangetastet bleiben. Ich kann dem Bundeskanzler nur raten, nach dem Rechten zu sehen und dafür zu sorgen, dass der Anschlag auf den Finanzausgleich raschestmöglich zurückgenommen wird. Sonst wird es schwierig, eine Verhandlungsebene mit den Ländern zu finden.

Standard: Mit Ihrem Vorschlag, alle Lehrer in Landeskompetenz zu übernehmen, haben Sie sich ebenfalls mit der Unterrichtsministerin angelegt. Was haben Sie tatsächlich mit der Regierung vereinbart?

Pröll: Es war immer von Grundsatzgesprächen die Rede. Diese wurden in den letzten Wochen mit dem Kanzler, dem Vizekanzler, Wiens Bürgermeister und den ÖVP-Landeshauptleuten geführt. Es gibt zudem einen Landeshauptleutebeschluss von Herbst 2009, wo eindeutig festgehalten ist, dass die Länder die Grundsatzgesetzgebung in der Bildung auf Bundesebene belassen, die Ausführungsgesetzgebung aber auf Länderebene konzentrieren wollen.

Durch so eine Lösung kann am ehesten den Strukturen der einzelnen Länder entsprochen und effizienter, zielorientierter und sparsamer gewirtschaftet werden. Dazu kommt ein dritter Punkt, der bisher vollkommen unter den Tisch gefallen ist: Finanzstaatssekre-tär Lopatka hat bereits konkret mit den Ländern über eine Kopf-Finanzierung pro Schüler verhandelt. Das Offert des Bundes ist, pro Schüler den Bundesländern 5250 Euro zu refundieren. Damit wäre die ewige Streiterei - wer zahlt die Lehrer, wie viele werden angestellt - ein für alle Mal beseitigt.

Standard: Gab es dafür von Reinhold Lopatka bereits eine Zusage?

Pröll: Der Bund hat ein Offert gemacht. Wir müssen noch darüber reden, was passiert, wenn es etwa in einer Klasse viele Kinder mit besonderen Bedürfnissen oder Integrationsbedarf gibt. Zudem werden Bund und Länder über die Kopfquote neu reden müssen, wenn der Bund in Bildungszielen besondere Vorhaben vorgibt.

Standard: Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl sagt, es wird sowieso so bleiben, wie es ist.

Pröll: Der eine ist ein Optimist auf dem Weg nach vorn, der andere ein Pessimist. Bei Häupl muss man halt kalkulieren, dass er voll im Wahlkampf steht.

Standard: Was wollen Sie als Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz noch angehen?

Pröll: Wir erwarten uns jetzt einmal akkordierte Vorschläge der Bundesregierung. Damit werden wir uns auseinandersetzen, der eine mehr, der andere weniger. Je nach seinem politischen Gewicht, das ausschließlich von seinem Informationsstand abhängt. Die Salzburger Kollegin hat diesbezüglich großen Mangel gezeigt. Ich meine, dass man parallel zum Budget Begleitgesetze beschließen kann, wo es zu einer Entrümpelung einer Vielzahl an Bundesgesetzen kommt, die zu einer Arbeitsentlastung der Landesverwaltungen führt.

Standard: Man hat das Gefühl, dass sich vor den Landtagswahlen in der Steiermark und in Wien bundespolitisch nichts mehr tun wird. Verstehen Sie das?

Pröll: Nein. Man hat den Eindruck, es wird nur gemauschelt, um die Öffentlichkeit nicht zu irritieren.

Standard: Für mancherlei Irritationen sorgt jedenfalls der Fall Hypo Niederösterreich. Die Staatsanwaltschaft hat eine Weisung erteilt, die Ermittlungen einzustellen, obwohl es von den Kriminalisten heißt, man sei noch mittendrin. Wird da lückenlos aufgeklärt?

Pröll: Da müssen Sie die Staatsanwaltschaft fragen. Wenn etwas Gesetzeswidriges passiert ist, muss das aufgeklärt werden, und dann muss es Konsequenzen geben. Das gilt für jedermann. Ich habe Vertrauen in die Justiz, und ich warne davor, die Justiz zu behindern, aber auch davor, sie zu irritieren und päpstlicher sein zu wollen als der Papst, nur weil es dem einen oder anderen vielleicht nicht in den Kram passt, wenn die Justiz sagt: Die Sache ist klar. Das gilt auch für Medien. Meine Aufgabe ist, auf das Ergebnis der Justiz zu warten und dann Konsequenzen zu ziehen - oder nicht.

Standard: Sollte den Fall besser die Staatsanwaltschaft eines anderen Bundeslands bearbeiten?

Pröll: Es ist nicht Aufgabe eines Politikers, das zu beurteilen. Ich halte nichts von politischen Zurufen an die Justiz.

Standard: Ihr Finanzlandesrat Wolfgang Sobotka wurde in den letzten Monaten sehr kritisiert. Wer übernimmt die politische Verantwortung in Fragen wie der Veranlagung der Wohnbaugelder?

Pröll: Es gibt kein zweites Bundesland, das wie wir durch die Veranlagung 600 Millionen Euro in den zurückliegenden Jahren erwirtschaftet hat. Zugegebenermaßen sind nicht die vollen Ziele erreicht worden. Allerdings ist die Veranlagung auf Jahrzehnte hin ausgerichtet. Ein seriöses Urteil kann erst 2022 gefällt werden.

Standard: Der Rechnungshof sieht das anders.

Pröll: Ja, weil der Rechnungshof eine Zwischenbilanz zieht. Er tut nicht mehr und nicht weniger, als zu sagen, dass das Ziel, das gesetzt wurde, noch nicht erreicht wurde.

Standard: Sobotka hat den Rechnungshof heftig kritisiert. Teilen Sie die Kritik?

Pröll: Ja, man muss gerade aus jüngster Erfahrung sagen, dass auch der Rechnungshof nicht sakrosankt ist. Es stellt sich immer öfter die Frage: Wer prüft die Prüfer? Auch Prüfer sind Menschen.

Standard: Die Gerüchte mehren sich, dass Sobotka nicht mehr lange Finanzlandesrat sein wird.

Pröll: Alle diejenigen, die das prophezeien, sind mit Sicherheit kürzer im Amt als Wolfgang Sobotka.

Standard: Zum Flughafen: Stimmt es, dass Sie Vorstandsmitglied Ernest Gabmann eine Deadline gesetzt haben, laut der er gehen muss, wenn der Skylink bis Ende 2012 nicht in Betrieb geht?

Pröll: Wenn ein Vorstand oder ein Aufsichtsrat nicht korrekt und erfolgreich arbeitet, muss er damit rechnen, dass er eines Tages nicht mehr diese Verantwortung wahrzunehmen hat. Das ist der Grund, warum ich dem Aufsichtsratsvorsitzenden (Christoph Herbst, Anm.) und Gabmann klargemacht habe, dass ich null Verständnis habe für Bonuszahlungen im Vorhinein. Sie können maximal im Nachhinein vergeben werden.

Standard: Also stimmt die Deadline bis Ende 2012?

Pröll: Die Inbetriebnahme des Skylinks ist ohne Frage ein Leistungsparameter für alle dort handelnden Personen, und daher ist 2012 für alle handelnden Personen ein neuralgisches Datum. Vonseiten des Flughafens beteuert man mir, dass sogar Mitte 2012 damit gerechnet werden kann, dass der Skylink in Betrieb geht.

Standard: Nach Streit um einen anonymen Brief, laut dem Gabmann parteipolitische Agitation betreibe, hat Herbst eine Ehrenerklärung gefordert. Hat Gabmann ihm diese je gegeben?

Pröll: Das weiß ich nicht. Es ist nicht meine Aufgabe, mich im operativen Bereich mit solchen Diskussionen zu beschäftigen.

Standard: Wäre eine Zweierlösung im Flughafenvorstand besser?

Pröll: Es ist ein offenes Geheimnis, dass ich es nicht für notwendig halte, dass am Flughafen ein Dreiervorstand tätig ist.

Standard: Wollen Sie bei den Landtagswahlen 2013 noch einmal Spitzenkandidat der ÖVP Niederösterreich sein?

Pröll: Das ist keine Frage meines Wollens. Das erste Wort hat der liebe Gott, das zweite die Parteiführung, und das wohl wichtigste Wort haben die Niederösterreicher. Wenn das alles passt, kann ich mir vorstellen, dass es 2013 wieder den Spitzenkandidaten Erwin Pröll gibt.

Standard: Juckt Sie die Hofburg noch?

Pröll: Das hat mich nicht gejuckt. Wenn's juckt, kratz ich mich.

Standard: In diesem Punkt ist also alles offen?

Pröll: Gar nichts ist offen. Ich kann Ihnen sagen: Ich werde als Landeshauptmann in Pension gehen - wann auch immer  das sein wird. (Andrea Haigl und Gudrun Springer, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.8.2010)