Für Frauen mit Kindern ist es jetzt schon schwer, genügend Versicherungszeiten für das Erreichen der Höchstpension zu akkumulieren, nach dem geplanten System wird dies praktisch unmöglich sein. Um 40 volle Versicherungsjahre zu erreichen, wäre sicherlich manche Frau heute schon bereit, nach dem 60. Geburtstag weiterzuarbeiten. Finanziell macht das aber keinen Sinn: Es dauert Jahre, bis der vorübergehende Verzicht auf den bereits erworbenen Pensionsanspruch durch zusätzliche Versicherungsjahre wettgemacht werden kann.

Ich möchte hier ein Denkmodell zur Debatte stellen, das Frauen eine individuelle Lebensplanung mit einer akzeptablen finanziellen Situation in allen Lebenslagen ermöglichen könnte: Einerseits einige Jahre relativ sorgenfrei Kinder zu betreuen und anderseits dann zu arbeiten, wenn diese bereits selbstständig sind.

"Kindergeld" obsolet

Unter Beibehaltung der Regelung, dass für Frauen 40 Versicherungsjahre für die Alterspension notwendig sind, könnte man einen teilweisen Vorausbezug der Pension ermöglichen. Für die Betreuung von Kindern oder pflegebedürftiger naher Angehöriger könnten bis zu fünf Jahre der später zu erwartenden Pension voraus beansprucht werden. Jedes vorausbezogene Jahr würde nach diesem Modell einfach am Ende angestückelt, sodass eine Frau, welche die vollen fünf Jahre ausgenützt hätte, mit 65 Jahren den Anspruch auf Alterspension erreichen würde. Die vorgezogene Pension würde auf Basis des vorausgegangenen Gehaltes vorläufig so berechnet, als hätte die Frau bereits 40 volle Dienstjahre absolviert. Sie würde demnach (mit dem derzeit geltenden Steigerungsbetrag von 2 % pro Jahr) 80 Prozent der entsprechenden Bemessungsgrundlage, die sich aus ihrem aktuellen Gehalt errechnet, erhalten.

Ein eigenes "Kindergeld" wäre in diesem Fall nicht erforderlich, die eingesparten Mittel könnten einerseits das System entlasten und andererseits zur Unterstützung von jenen Frauen dienen, die keinen Anspruch auf Vorauspension erwerben konnten. Die Alterspension würde schließlich entsprechend den nun tatsächlich vorliegenden Anspruchsvoraussetzungen berechnet und mit dem hochgerechneten Vorausbezug gegengerechnet werden.

Da anzunehmen ist, dass bis zum Pensionsantritt sowohl Inflation als auch individuelle Gehälter steigen und sich damit auch eine höhere Alterspension errechnet als die seinerzeitige Vorauspension, würde der Vorausbezug wegen Familienpflichten die endgültige individuelle Pension in den meisten Fällen kaum schmälern.

Das Modell der Familien-Vorauspension (das natürlich auch Vätern offen stehen sollte) hätte zwei große Vorteile: Einerseits wäre die Vorauspension mit dem Aktivbezug der jungen Mutter oder des jungen Vaters unmittelbar verknüpft und ausreichend, um beiden die Entscheidung für eine Familienpause zu ermöglichen und zu erleichtern. Andererseits hätten damit Frauen die Gelegenheit, in der Lebensphase zwischen 60 und 65, in der die meisten so leistungsfähig sind wie gleichaltrige Männer und auch ähnlich unbelastet durch Familienpflichten, noch Versicherungsjahre für einen vernünftigen Pensionsanspruch erwerben zu können - was ihnen derzeit verwehrt ist. (Hannelore Rudisch, Leiterin der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit der Tiroler Landeskrankenanstalten/DER STANDARD, Printausgabe 26./27.04.2003)