Fügen - Nach heftigen Diskussionen gab es Donnerstagnacht grünes Licht: Der Gemeinderat von Fügen im Zillertal hat mit großer Mehrheit (13 zu zwei) dem Bau eines Bioenergiewerkes des Holzproduzenten Binder zugestimmt und ist damit dem negativen Votum der Bevölkerung nicht gefolgt.

Fernwärmeheizwerk aus Biomasse

Auf 23.000 Quadratmetern wird ein Fernwärmeheizwerk aus Biomasse entstehen, mit dem das Binder-Werk am Stammsitz Fügen sowie rund 500 Haushalte, ein Sportzentrum und ein Schwimmbad versorgt werden sollen. Das neue Werk würde die bestehende Fernwärme Fügen (für 350 Haushalte), die die Gemeinde mit Binder und anderen betreibt, ersetzen. Etwa 25 neue Arbeitsplätze zu den derzeit 277 sollen entstehen.

Gutachten

Trotz eines positiven umweltmedizinischen Gutachtens durch den bekannten Innsbrucker Umweltmediziner Klaus Rhomberg hatten sich Ende März 59 Prozent der Fügener bei einer Volksbefragung gegen das Projekt ausgesprochen. Vor allem das lokale "Tourismusforum für ein lebenswertes Zillertal" hatte gegen das Kraftwerk mobilisiert: Neben einer Belastung der Luft durch Abgase fürchten die Touristiker vor allem eine Beeinträchtigung des Landschaftsbildes.

Laut Rhomberg bestünden aufgrund seines "sehr strengen" Gutachtens keine Bedenken: "Fügen zählt zu den Orten mit der besten Luftqualität in Tirol. Wenn ich hier wohnen würde, wäre ich für das Werk." Der Umweltmediziner hatte nicht die gesetzlichen Grenzwerte berücksichtigt, sondern die strengeren Vorsorgegrenzwerte, "bei denen sich bei Studien Beschwerden nachweisen ließen".

Rhomberg kam zum Schluss, dass das neue Werk die Stickstoffdioxid-Emissionen um vier Prozent und jene des Feinstaubs gar um 21 Prozent reduzieren würde. Positiv ist für Rhomberg, angesichts des Kioto-Ziels, dass das neue Werk als Nebenprodukt Biostrom produziert.

Lob vom Land Der Beschluss des Gemeinderates wird von den Landesparteien weit gehend begrüßt. SP-Chef Umweltlandesrat Hannes Gschwentner, der im Vorfeld für das Heizwerk trotz des Bürgervotums eingetreten war, lobt den "Mut" des Gemeinderates. Es sei wichtig, dass es in der Tourismusregion "Ganzjahresarbeitsplätze in der Industrie gibt". Tirols Grüne empfehlen den Ortspolitikern, ihre Entscheidung durch eine zweite Volksbefragung legitimieren zu lassen. Diplomatisch Landeshauptmann Herwig van Staa (VP): "Ich war gegen das ursprüngliche Projekt. Jetzt, nach einer Redimensionierung, könnte ein Kompromiss gefunden werden." (bs, DER STANDARD Printausgabe 26/27.4.2003)