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Wer zu viele Sachen hat kann sie am Flohmarkt verkaufen - oder aufheben.

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Wien - "Die Menschen kommen zu uns, wenn der Opa gestorben, die Wohnung zu klein oder noch nicht fertig ist", sagt Martin Gerhardus. Wer zu viele Sachen hat, muss selbige eben auslagern und da bietet sich das Selfstorage an. Was in den USA schon seit 40 Jahren floriert, ist hier noch nicht gang und gäbe. Aber es kommt. Weil städtischer Wohnraum immer optimierter, der Stauraum deswegen immer weniger wird und weil die Menschen immer mehr Sachen anhäufen, auf die sie meinen, nicht verzichten zu können, wachsen auch die außerhäuslichen Speicherplätze. Rund 25 Prozent im Jahr wie im Falle von MyPlace, wie dessen Chef Gerhardus konstatiert. Eine "moderne Dienstleistung für eine moderne Gesellschaft" nennt Gerhardus sein Produkt.

Auf 10.000 Quadratmetern - fein säuberlich aufgeteilt in leicht erreichbare Boxen - kann man zum Beispiel in Wien am Gaudenzdorfer Gürtel lagern, was einem daheim zuviel ist. Wie ein Kunde, der hier seine gesamte Privatbibliothek von über 5.000 Büchern verstaut. Oder eine Theatertruppe, die sich über ein Lagerabteil für Requisiten, Kostüme und Bühnenbilder freut. Auch Businesskunden finden für die Speicherboxen Verwendung: Der Sportnahrungsmittelhändler lagert seine Verkaufsware und seinen Messestand zwischen. Oder man richtet hier seine erweiterte Werksbank ein, wie der St. Pöltener Bodenschleifer, der von Wien aus operiert und am Standort Gürtel lagert. Service inklusive: Bekommt er Arbeitsmaterial, so nimmt das ein MyPlace-Mitarbeiter für ihn entgegen und unterrichtet ihn per SMS vom Neuankömmling.

Standort ist die halbe Miete

Vor elf Jahren startete MyPlace - das Unternehmen setzte im Vorjahr 17 Millionen Euro um - in Österreich mit seiner ersten "Filiale" in Strebersdorf. Der Standort ist es auch, was man der Konkurrenz voraushaben kann, sagt der Hüter über die städtischen Speicherräume. Heute hat das Unternehmen sieben Niederlassungen in Österreich, der achte ist derzeit im Entstehen. Außerhalb Wiens hat man sich bisher nur in Graz niedergelassen. Ob Linz noch dazu kommt, ist offen. Das Einzugsgebiet sollte schon rund 500.000 Einwohner umfassen, sagt Gerhardus. Was für einen Standort neben der Sichtbarkeit seiner Erfahrung nach wichtig ist: "Er muss an einer Ausfallstraße sein, und einen McDonalds oder eine Tankstelle wird man im Umkreis immer finden."

Für den Kunden muss das verlängerte Kellerabteil vor allem nahe und nicht zu teuer sein. Für zwei bis drei Quadratmeter fallen monatlich rund 40 Euro an, wobei gilt: je länger die Lagerung umso billiger. Wichtig sei außerdem, dass Vertragsabschluss und Vertragsauflösung (die Kündigungsfrist beträgt zwei Wochen) unkompliziert seien. "Das ist ein bisschen wie ein Hotel für die Sachen", sagt Gerhardus. Gut die Hälfte eines Standortes muss er tatsächlich an Kunden vermietet haben, damit sich die Sache sich für die Firma (an der auch die heimische Immofinanz beteiligt ist) rechnet.

Ältere Mitarbeiter willkommen

Der Personalaufwand ist minimal. Ein bis zwei Mitarbeiter pro Standort genügen. Die sind idealerweise zwischen 40 und 50. "Wir suchen gezielt ältere Mitarbeiter, denn die Kunden, die zu uns kommen, sind ja oft in einer Ausnahmesituation und vertrauen sich lieber jemand mit Lebenserfahrung an", erklärt Firmenchef Gerhardus die Strategie. Erfahrungsgemäß schätzen die Platzsuchenden ihren Platzbedarf übrigens meist viel zu groß ein: "Wenn die Leute glauben, sie brauchen 20 Quadratmeter, bleiben am Ende meist acht über."

MyPlace sieht sich selbst als Marktführer im deutschsprachigen Raum und ist in Österreich, Deutschland und der Schweiz aktiv. Rund 14.000 Kunden vertrauen den Österreichern ihre irgendwie überflüssigen Dinge an - mit steigender Tendenz. Warum die Österreicher auch in Deutschland zum Platzhirschen aufsteigen konnten, erklärt Gerhardus mit makroökonomischen Faktoren: "Das Geschäft schaut einfach aus, ist es aber nicht. Banken geben nicht unbedingt gerne Geld her für dieses Geschäft, denn am Anfang startet man ja ohne Mieter. 2001 haben die deutschen Banken im Osten Geld verloren, die waren da sehr vorsichtig. Wir konnten aber beweisen, dass wir das können." (Regina Bruckner, derStandard.at, 19.8.2010)