The Bambi Molesters "As the Dark Wave Swells"

Ohne Gitarren und einer gehörigen Portion Federhall und Tremolo geht in der Surf Music gar nichts. Das war Anfang der 1960er Jahre so, als Gitarrenhelden wie Duane Eddy, Link Wray und Dick Dale (Stichwort "Pulp Fiction"-Soundtrack) instrumentaler Rock-Musik eine goldene Ära bereiteten, und das ist auch heute noch so im Fall von Gralshütern des Genres wie dem kroatischen Quartett The Bambi Molesters. Dieses hat sein erstes Album, "Dumb Loud Hollow Twang", 1995 der Legende nach in nur drei Stunden aufgenommen.

Für ihr jüngstes Werk, "As the Dark Wave Swells", hatte die Gruppe entschieden mehr Zeit und mit Walkabouts-Mastermind Chris Eckman einen kongenialen Produzenten im Studio. Wie schon bei der Zusammenarbeit für das Projekt "Nights of Forgotten Films", huldigen Eckman und die Bambi Molesters ausgiebiger denn je ihrer Vorliebe für epische Sound-Landschaften im Breitwand-Format, Streicher- und Bläsersätze, wie man sie von Calexico erwartet, eingeschlossen. Das Kunststück dabei: der liebevolle Retro-Sound um die wie unter Wasser klingenden Gitarren ist intakt geblieben. (Glitterhouse/Hoanzl)

Foto: Glitterhouse

The Sadies "Darker Circles"

Aus ihrer Liebe zur Surf Music haben The Sadies nie einen Hehl gemacht, kaum ein Album der Gruppe um die Gitarrenkönner Travis und Dallas Good kommt ohne Instrumentals aus. Daneben ist es vor allem früher, psychedelisch angehauchter Garagen- und Country-Rock, der seine Spuren im Sound der kanadischen Band hinterlassen hat. Wer sich bei den letzten Alben der Sadies an die Byrds in ihrer von Telecaster-Pionier Clarence White geprägten Country-Rock-Phase erinnert fühlt, liegt damit absolut richtig.

Wie schon "New Seasons" vor drei Jahren wurde auch "Darker Circles" von Jayhawks-Boss Gary Louris produziert. Die Albumtitel weisen die Richtung: Das aktuelle Werk ist elegischer als der Vorgänger ausgefallen, aber nicht weniger schön. Im Gegenteil, selten hat die Musik der Sadies, die sich in der Vergangenheit unter anderem auch als Begleit-Band von Neko Case und John Doe bewährt haben, so betörend geschillert wie auf "Darker Circles". (Yep Roc/Trost)

The Jayhawks "The Jayhawks aka The Bunkhouse Album"

Wie sehr auch The Jayhawks von den Byrds der Gram-Parsons-Ära, den Flying Burrito Brothers und fransenfreier Country Music beeinflusst waren, zeigt das jetzt neu aufgelegte Debütalbum der Band. 1986 nur in einer Auflage von wenigen tausend Exemplaren auf dem eigens dafür gegründeten "Bunkhouse"-Label erschienen, eiferten Gary Louris und Mark Olson ungeniert ihren Vorbildern nach. Nie wieder sollte Louris, der die Band auch nach dem Ausstieg von Olson fortführte, derart hemmungslos die gelernten Pedal-Steel-Licks auf seiner Gitarre abfeuern.

An die perfekte Mixtur des Durchbruchsalbum "Hollywood Town Hall" (1992), einem Meilenstein der Bewegung, die sich Etikette wie Alt.Country und Paisley Underground verpasste und mit "No Depression" ein Haus- und Hofmagazin hatte, reicht das Debüt nicht heran. Hörenswert und grundsympathisch ist es in seinem erfrischenden Enthusiasmus allemal. (Universal)

The Band with The Cate Brothers Band "Live in Tokyo 1983"

Sieben Jahre nachdem Martin Scorsese das Abschiedskonzert von The Band am Thanksgiving Day 1976 als "The Last Waltz" auf Zelluloid gebannt hatte, entschlossen sich vier der insgesamt fünf Originalmitglieder nach mehr oder weniger erfolgreichen Solo-Projekten zu einem Comeback. Einzig der Ausnahmegitarrist und Songwriter Robbie Robertson fehlte. Dafür holte Sänger und Drummer Levon Helm mit den ebenfalls aus Arkansas stammenden Cate Brothers seelenverwandte Roots-Rocker für gemeinsame Live-Konzerte an Bord.

Zwar sollte The Band ohne Robertson nie wieder ein Studio-Album in der Güteklasse des epochalen Debüts "Music From Big Pink" (1968) oder späterer Meisterwerke wie "Northern Lights - Southern Cross" zustanden bringen. Live konnte die einstige Begleit-Band Dylans, die mit ihrem Amalgam aus Blues, Country, Soul, R & B und Rock'n'Roll den Boden für das bereitete, was heute gerne als Americana etikettiert wird, auch in ihrem letzten Karrieredrittel durchwegs überzeugen. Davon zeugt unter anderem der erstmals offiziell auf CD und DVD erhältliche Mitschnitt eines Reunion-Konzerts in Tokyo aus dem Jahr 1983. Tasten-Genie Garth Hudson greift nebst Akkordeon auch zum Saxofon, die drei Sänger und Multi-Instrumentalisten Helm, Rick Danko und Richard Manuel zeigen sich in Höchstform. Wie Manuel, der sich drei Jahre später in einem Hotel erhängen sollte, mit seiner Version von "You Don't Know Me" Ray Charles das Wasser reicht, sollte selbst Herzen aus Stein erweichen. (Immortal)

Shelby Lynne "Tears, Lies and Alibis"

Über 20 Jahre ist es her, dass Shelby Lynne, eine der interessantesten US-Singer/Songwriterinnen, ihr Debüt-Album veröffentlicht hat. Wie im Fall ihrer prominenteren Kollegin Lucinda Williams lässt sich ihre Karriere auch als ein hartnäckiger Kampf mit Plattenfirmen um Selbstbestimmung beschreiben. Herrschte beim Erscheinen von Lynnes wunderbarem Dusty-Springfield-Tribute "Just a Little Lovin'" vor zwei Jahren noch Einvernehmen, so führte die Arbeit an ihrem jüngsten Album mit eigenen Songs zum Bruch mit dem mit dem Roots-Rock-Label Lost Highway.

"Tears, Lies and Alibis" ist nun auf Lynnes eigens dafür gegründeten Label Everso erschienen. Aufgenommen im Heimstudio und in den legendären Muscle Shoals Studios mit Musikern wie Keyboard-Legende Spooner Oldham aber auch bewährten Tour-Gefährten wie dem Gitarristen John Jackson, der in den 90er Jahren den Sound von Bob Dylans Never Ending Tour maßgeblich prägte, erweist sich das Album rundum als Triumph. Souverän, völlig frei von Manierismen erzählt Lynne von Konflikten und Erlebnissen, wie sie sich ab einer bestimmten Zahl an Lebensjahren einstellen. Im Übrigen: Wer es schafft eine Liebeserklärung an mythenumwobene US-Wohnwägen ("Something to Be Said About Airstreams") in eine ganz und gar unpeinliche, berührende Hymne an die Rastlosigkeit und Freiheit zu destillieren, muss eine Gute sein. (Everso)