Über neue Chefs können die betroffenen ORF-Redakteure abstimmen. Donnerstag stellten sich die Kandidaten für die Radio-Chefredaktion den Redakteuren und dem Redakteursrat. Der als Favorit gehandelte ZiB1-Chef Stefan Ströbitzer landete auf Platz zwei - deutlich hinter Hannes Aigelsreiter. Das Votum bindet ORF-Chef Alexander Wrabetz nicht bei der Bestellung.

Radio-Innenpolitikchef Aigelsreiter erhielt 24 Stimmen, Ströbitzer 16, TV-Chronikchefin Brigitte Handlos vier. Redakteure, Redakteursrat und Kandidaten sind gegen ein Hearing vor ORF-Assessoren, solange keine nachvollziehbaren Kriterien vorlägen.

Das Votum könnte die ohnehin heftigen rot-schwarzen Querelen um Jobs im ORF verschärfen. Die ÖVP dürfte Aigelsreiter, der sich gegen jede politische Zuordnung verwahrt, für die Radio-Chefredaktion favorisieren. Die Mehrheit verschafft ihr Rückenwind.

Ströbitzer gilt als Wunsch Karl Amons, für den ORF-General Alexander Wrabetz gerade die Radiodirektion freimacht. Amon braucht am 9. September 18 der 35 Stiftungsräte für seine Wahl, bei Enthaltungen sinkt das Quorum. Polittaktiker aus dem ORF rechnen mit einem knappen Votum, manche sprechen gar von einer "Zitterpartie" und Signalwirkung für die Generalswahl 2011.

Die Steiermark-Wahl zwei Wochen nach der geplanten Amon-Wahl könnte zudem einStimme im Stiftungsrat von Rot zu Schwarz wandern lassen.

Daniel Kapp, Sprecher von Finanzminister und VP-Chef Josef Pröll, protestierte bei Amon und Ströbitzer über einen "frei erfundenen" ZiB-Beitrag über Pläne für höhere Steuern auf 13. und 14. Monatsgehalt. "Sauber recherchiert" , fand indes Infodirektor Elmar Oberhauser: "Herr Kapp versuchte massiv, die Ausstrahlung des Beitrags zu verhindern." Ihm nachzugeben hätte ORF-Gesetz und Programmrichtlinien verletzt, ließ Oberhauser verlauten. (Harald Fidler, DER STANDARD; Printausgabe, 20.8.2010)