Die traditionsreiche französische Zeitung "France- Soir" soll zu einem Boulevardblatt im Stil der "Bild"-Zeitung werden. Der 25 Jahre alte Eigentümer Alexander Pugatschjow, ein russischer Milliardär, habe dazu den Chefredakteur ausgewechselt - zum dritten Mal innerhalb von knapp eineinhalb Jahren, berichtete die Zeitung "Le Figaro" am Donnerstag. Eine offizielle Bestätigung gab es zunächst nicht.

An die Stelle von Christian de Villeneuve soll nun Remy Dessarts treten, der bereits 2006 im Auftrag von Springer versucht hatte, eine französische Version von "Bild" auf den Markt zu bringen. Das Projekt scheiterte damals unter anderem an der mangelnden Vertriebsstruktur. In Frankreich gibt es nur wenig Boulevardpresse.

Pugatschjow hatte das verlustreiche Blatt "France-Soir" im März übernommen, nachdem sein Vater es Anfang 2009 für etwa fünf Millionen Euro gekauft hatte. Der junge Besitzer investierte massiv, ließ die Redaktion auf die Champs-Elysees umziehen und lancierte eine großangelegte Werbekampagne. Er senkte außerdem den Verkaufspreis auf 50 Cent; das Konkurrenzblatt "Le Parisien" kostet einen Euro. Auf diese Weise steigerte er die Auflage von etwa 20.700 im Schnitt 2009 auf 88.800 in den ersten drei Monaten nach seiner Übernahme. Die Redaktion gilt als regierungsnah.

Die Übernahme des schwächelnden Traditionsblattes soll Teil eines franko-russischen Deals gewesen sein: Pugatschjow senior besitzt unter anderem die Sankt Petersburger Werften, in denen die Kriegsschiffe vom Typ Mistral gebaut werden sollen. Die Familie zählt zu den reichsten Geschäftsleuten in Russland und steht dem russischen Ministerpräsidenten Wladimir Putin nahe. In Frankreich gehört ihnen der Luxus-Lebensmittelhersteller Hediard. (APA)